Natur im Überblick: Landschaftsfotografie
1. Motive & Ziele
Warum interessiert sich der Naturfotograf für eine Landschaft? Die Antworten auf diese Frage können sehr unterschiedlich sein:
- Der Ästhet läßt sich einfach nur von der Schönheit einer Landschaft beeindrucken. Die Gründe für die Schönheit in den Augen dieser Fotografen sind so vielfältig wie die Fotografen selbst also völlig subjektiv. Ästhetisch motivierte Landschaftsaufnahmen haben folglich einen stark künstlerischen Charakter und Anspruch, weniger einen dokumentarischen. Der Ausgangspunkt ist die Impression und Inspiration, nicht so sehr das Wissen um spezifische objektive Merkmale des Landschaftsmotivs.
Ästhetisch motivierte Landschaftsfotografie versucht, im Betrachter eines Bildes erneut jenen Eindruck zu erzeugen, der den Fotografen einer Landschaft zum Fotografieren motivierte; sie legt deshalb besonders starken Wert auf Bildkomposition, die geeignet ist, die bestimmenden Merkmale jenes Eindrucks in einem Bild zu vereinen und das Auge des Betrachters zu führen, wie das im nächsten Abschnitt geschildert wird.
- Der Geologe betrachtet Landschaft als das Ergebnis Millionen Jahre langer Umformung und Erosion und interessiert sich vor allem für solche Orte, wo typische Formationen oder offenliegende Bodenschichten solche Prozesse besonders gut sichtbar machen. Ästhetische Absichten bei der Bildgestaltung verfolgt er zwar nicht primär, dennoch wird er ein charakteristisches Relief oder die Schichtung eines Hangs bei genau solchem Licht "einfangen" wollen, das diese Strukturen besonders gut oder überhaupt erst zur Geltung kommen läßt. Das könnte je nach Motiv z. B. hartes seitliches Streiflicht sein, weil es Struktur- oder Farbunterschiede hervorhebt, oder weiches Licht, das Schatten vermeidet. Zur umfassenden Dokumentation solcher Motive gehört auch unterschiedliche Perspektiven: Das Überblicksfoto, das die Ausdehnung des Objekts und seine räumliche Nähe zu anderen Landschaftselementen zeigt, ist ebenso wichtig wie Detailaufnahmen z. B. einzelner Fundorte oder Aufschlüsse.
Welche Details, welche Perspektiven und welches Licht jeweils die besten sind, das weiß der Geologe aus langjähriger Erfahrung.
- Einen Wissens- und Erfahrungsvorsprung hat auch der Botaniker: Er kennt genau die Standortansprüche "seiner" Pflanzen, also ihre Abhängigkeiten von Licht, Feuchtigkeit, Beschaffenheit und Nährstoffgehalt des Bodens; er portraitiert daher nicht nur die einzelne Pflanze, ihre Blätter und Blüten und ihren Wuchs, er dokumentiert ebenso ihren Fundort, der charakteristisch für ihren Lebensraum, vielleicht im Einzelfall aber auch eher untypisch ist.
Ziel des botanisch interessierten Fotografen ist also die fotografische Aufnahme und Weitergabe floristischer Information: Fotos sind hier genauso Belege wie gesammelte Pflanzenteile.
- Der Zoologe schließlich muß fast ein Universaltalent sein: Er sieht eine Landschaft als Ort tierischen Lebens und als Wohnort, mit dem viele "seiner" Tiere auf Gedeih und Verderben verbunden sind. Die Boden- und Klima-Verhältnisse entscheiden ebenso über das Vorkommen einer bestimmten Tierart wie die zur Verfügung stehende Vegetation und das Vorhandensein anderer Tiere, die sie vielleicht jagt oder mit der sie in Symbiose lebt.
Ziel der zoologisch motivierten Landschaftfotografie ist somit die Dokumentation verschiedener Biotope, ihrer typischen und auch atypischen Ausprägungen, um dem Betrachter eine Vorstellung von den Lebensbedingungen einzelner Tierarten oder ganzer Lebensgemeinschaften zu vermitteln.
Eine Landschaft kann also jeweils mit sehr anderen Augen betrachtet werden, und dementsprechend unterschiedlich sind prinzipiell die Herangehensweisen und ihre Ergebnisse. Allerdings sollte man den ästhetischen Zugang nicht strikt von der wissenschaftlich orientierten Landschaftsfotografie trennen: Auch der Zoologe z. B. tut gut daran, einige Hinweise der künstlerischen Bildgestaltung zu beachten.
2. Verfahrenstechnik
Gute Landschaftsfotografie, die nicht nur den Fachwissenschaftler beeindruckt, lebt von der Bildkomposition, besonders die Anordnung realer oder gedachter Linien, wie sie Wege, Flüsse, Baumreihen, Zäune, Äste etc. darstellen:
- Parallele horizontale Linien vom Horizont bis zum Bildvordergrund wirken meist langweilig und scheinen das Auge des Betrachters aus dem Bild herausführen zu wollen; senkrechte Elemente an einem Bildrand hingegen stoppen dort den Blick.
- Waagerechte oder senkrechte Linien in der Bildmitte teilen das Bild; im oberen oder unteren, linken oder rechten Drittel hingegen ergänzen sie es.
- Schräge Linien verleihen Spannung, Dynamik und lenken den Blick; allzu steile Schrägen bergen jedoch die Gefahr, daß die Flächen links und rechts von ihr ziemlich leer und einzelne Bildelemente fast im Profil (also beinahe zweidimensional) erscheinen.
- Vordergrundelemente geben dem Bild Tiefe und dem Betrachter einen nahen Aussichtspunkt, und vielleicht präsentieren sie gar ein charakteristisches Merkmal der Landschaft; sie zerstören aber den Eindruck der Landschaft, wenn sie das Bild dominieren. Soll ein solches charakteristisches Merkmal abgelichtet werden, sollte das auf einer eigenen Aufnahme geschehen.
3. Biotope & Habitate
Biotope sind keineswegs die schmucken Gartenteiche, die einem Garten einen Hauch von Romantik oder den Anschein der Verbundenheit verleihen sollen; gemeint sind vielmehr in wörtlicher Übersetzung 'Orte des Lebens', also Lebensräume, und davon gibt es recht viele. Zwar braucht der Naturfotograf nicht jeden Biotoptyp im Detail zu kennen, aber er sollte schon wissen, welche Biotope und damit auch Habitate, also 'Wohnorte' bestimmter Pflanzen- und Tierarten es überhaupt gibt und welche Merkmale den ihn interessierenden Lebensraum von anderen unterscheidet. Folgende Biotope lassen sich grob unterscheiden übrigens auch für die nachfolgend beschriebene Pflanzen- und Tierfotografie:
- Moore bzw. Sümpfe sind selten gewordene Feuchtbiotope mit hochspezialisierter Pflanzen- und Tierwelt. Man unterscheidet:
- Niedermoore: flache Sümpfe in Mulden und Tälern als Ergebnis einer Verlandung; typisch ist die üppige Vegetation als Folge von Grundwasser- oder Quellkontakt.
- Hochmoore: durch Niederschläge entstandene und unterhaltene, oft leicht gewölbte Sümpfe; typisch sind die artenarme Vegetation als Folge der Nährstoffarmut (Torfmoose, Glockenheide, Heidel- und Preiselbeere etc., Pfeifengras durch Trockenlegung) und die Mächtigkeit des Torfes.
- Schildröhrichte sind die im oder nahe am Wasser stehende hochwüchsige Vegetation aus Schilf, Simsen, Rohrkolben etc.; Röhrichte sind einerseits oft Verlandungszonen, also Niedermoore, andererseits unentbehrliche Habitate vieler Insektenarten und Kinderstube der Fischfauna.
- Feuchtgrünland: (wechsel)feuchte Zonen an See, Fluß- und Bachläufen mit artenreicher Vegetation; traditionell gute Viehweide, sind Feuchtwiesen heute durch Entwässerung und Düngung gefährdet.
- Fettwiesen und -weiden sind aufgrund der heute verbreiteten intensiven Viehhaltung recht artenarm und auch landschaftlich wenig reizvoll.
- Magerrasen meint hier keine mit dem Rasenmäher geschaffenen künstlichen Grünflächen, sondern Vegetation auf nährstoffarmen, meist recht trockenem Boden (Kalkfelsen, Kies, Sand). Der Arten- und Blütenreichtum ist hier enorm. Große Einbußen mußte dieser Biotoptyp durch den Weinanbau hinnehmen, besonders die Rebflurbereinigung nach dem zweiten Weltkrieg.
- Zwergstrauchheiden sind baumarme Sandheiden wie die bekannte Lüneburger Heide oder Bergheiden, die durch jahrhundertelange extensive Beweidung entstanden sind.
- Hecken und Feldgehölze stellen meist keine "gewachsenenen" Kleinbiotope dar, sondern Reste gerodeten Waldes und ähneln dessen Saumbiotopen. Daß sie überhaupt existieren, verdanken sie ihrern Funktionen als sichtbare Wiesen- und Feldgrenzen und als Windfang. Noch wichtiger, aber oft verkannt, ist ihre ökologische Funktion: Sie sind Nist- und Nahrungsplätze und Verstecke für eine kaum überschaubare Anzahl von Insekten, Reptlilien, Amphibien und Kleinsäugern.
- Wälder: Mitteleuropa ist von Natur aus Waldland, und besonders in Deutschland haben die Menschen eine traditionell besondere Beziehung zum Wald, auch wenn der ursprüngliche Urwald hier kaum noch zu finden ist. Folgende Typen lassen sich unterscheiden:
- Auwälder haben die größten Verluste hinnehmen müssen die Flußanrainer bezahlen dafür fast jedes Jahr durch immense Hochwasserschäden.
- Niederwälder sind traditionelle Nutzwälder zur Gewinnung von Brennholz, Gerbrinde oder anderem Nutzholz etwa dem sog. Ramholz. Typisch sind die Stockausschläge in geringer Höhe, wo sie für das Weidevieh nicht mehr erreichbar waren.
- Lichtungen entstehen durch Windbruch und Feuer, sie fördern die natürliche Verjüngung des Waldes und geben insbesondere Hochstauden für wenige Jahre Lebensraum. Als Binnensaumbiotope habe sie großen ökologische Nutzen. Kahlschläge sind forstwirtschaftlich motivierte künstliche Lichtungen und aus ökologischer Sicht meist zu groß.
- Waldränder bzw. Außensaumbiotope sind als Grenzzonen zwischen geschlossenem Wald und offener Landschaft eminent wichtig für alle Tierarten, die für ihre Ernährung, Fortpflanzung und Sicherheit auf unterschiedliche Vegetationstypen angewiesen sind.
- Gebirge sind Extrembiotope, die durch große Temperaturunterschiede, Wasser- und Nährstoffarmut und bewundernswerte Anpassungsfähigkeiten ihrer Bewohner geprägt sind und die zu den beliebtesten Zielen naturverbundener Menschen zählen.
- Dünen bzw. Flugsandfelder kommen an der Küste wie im Binndenland vor: Binnendünen wurden in den Zwischeneiszeiten aus Flußterrassen ausgeblasen und an den Randgebirgen abgelagert; durch Abholzung und Schafweide wurden sie im Mittelalter erneut dem Wind ausgesetzt. Küstendünen entstehen im Zusammenspiel von Wasser, Wind und Vegetation.
- "Landbiotope" bedeuten hier alle vom Menschen geschaffenen Biotope außerhalb seiner Siedlungen, also Lebensräume "auf dem Land":
- Äcker sind landwirtschaftliche Nutzflächen, die einst dem Waldland abgewonnen wurden und lange Zeit die Ausbreitung von Pflanzen- und Tierarten offener Landschaften (Steppen, Halbwüsten) förderten. Die heutige industriell betriebene intensive Landwirtschaft hat diesen Artenreichtum nachhaltig ge- und zerstört.
- Brachen waren in den Zeiten der Dreifelderwirtschaft jene Drittel, die zur Erholung des Bodens brachlagen. Trotz massiven Mineraldüngereinsatzes gibt es Brachen aber auch heute noch. Sich selbst überlassen, verbuschen sie irgendwann und entwickeln sich wieder zum Wald. Gelegentlich, d. h. wenn sie ökologisch wertvoll sind, werden sie aber auch bewußt in einem bestimmten Sukzessionsstadium erhalten.
- Ruderalflächen sind Schutt- und Lagerplätze, Baulücken, aufgelassene Gruben etc.
- Straßen- und Wegränder und Bahndäme sind eigentlich ungenutzte Abstandssäume zwischen (unterschiedlich) genutzten Flächen. Diesem Umstand verdanken sie eine große Artenvielfalt.
- Hohlwege sind menschengemachte Saumbiotope mit besonderen engräumigen kleinklimatischen und Bodenbedingungen und folglich großen Pflanzen- und Insektenreichtum.
- Sand-, Kies- und Lehmgruben und Steinbrüche sind künstliche Biotope, die heute wertvolle Kleinbiotope darstellen und daher oft offengelassen werden. Die Kleinklimate und Arten entsprechen vielfach denen von Magerrasen und Dünen.
- Trockenmauern, also unverputzte Bruchsteinmauern, sind in ländlichen Gebieten noch zu finden. Für trockenliebende Pflanzen- und Tierarten und für den Naturfreund sind sie attraktive Kleinparadise.
- Stadtbiotope sind Lebensräume im unmitelbaren Siedlungsbereich des Menschen:
- Parks, Grünanlagen, Friedhöfe sind in unseren Städten Miniaturausgaben der Natur und können durchaus von ökologischem Wert sein, wenn sie nicht in erster Linie nach ästhetischen bzw. modischen Gesichtspunkten angelegt wurden. Uralte große Bäume, selten gewordenen Pflanzen und solche Tierarten lassen hier beobachten und fotografieren, die mit der Nähe des Menschen zurecht kommen. Besonders interessant sind für den Naturfreund mit Liebe und ökologischem Sachverstand angelegte Botanische Gärten.
- Privatgärten stellen, einmal alle zusammengenommen, ein enormes Naturpotential dar. Leider wird dieses, wie man allerorten sehen kann, viel zu wenig genutzt. Manche Gärten sind für den Naturhaushalt praktisch wertlos, andere weisen eine erstaunliche Artenvielfalt auf.
- Ruderalstellen sind im Siedlungsbereich jene Straßenränder, Industriebrachen, Abrißflächen etc., die den auf "Ordnung" bedachten Stadtvätern seit jeher ein Dorn im Auge sind. An solchen Stellen, die in Zeiten knapper Finanzen zumindest vorübergehende Überlebenschancen haben, gibt es aber immer wieder interessante Entdeckungen zu machen.
- Bahnhöfe, d. h. die weniger intensiv genutzten Gleis- und Außenanlagen, sind städtische "Dauer-Ruderalflächen" und für manche Überraschung gut.
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