Natur auf Distanz: Telefotografie

1. Immer zu weit weg ... (oder: Tierfotografie)

Naturfotografie ist für viele Amateure Tierfotografie, und Tierfotografie ist für sie automatisch Telefotografie. Kein Wunder, daß sich in der Zeit der Festbrennweiten fast alle Foto-Amateure als Zweitobjektiv (also nach der 50-mm-Standardbrennweite) ein Teleobjektive gekauft haben – meist mit der 135-mm- oder 200-mm-Brennweite. Da aber die beliebtesten Tiermotive Flügel haben, merkten diese Naturfreunde aber bald, daß sich mit mittleren Tele-Brennweiten wenig ausrichten läßt: Formatfüllende Aufnahmen unserer meist kleinen heimischen Vögel ließen sich meist nur am Futterhäuschen und Nistkasten verwirklichen, was auf Dauer nicht befriedigt und den Wunsch nach längeren Brennweiten weckt.
    Halbwegs erfolgversprechend ist das Fotografieren wildlebender Tiere erst ab der 300-mm-Brennweite, besser sind 400 mm oder 500 mm, und ideal ist ein lichtstarkes und hochwertiges Zoomobjektiv, das 400 oder 500 mm als längste Brennweite einschließt; näheres unter den Empfehlungen zur Foto-Ausrüstung ...

Typische "Einsatzgebiete" und -gelegenheiten für die Tierfotografie mit mittleren Tele-Brennweiten sind Zooolgische Gärten und Wildparks, Futterstellen im eigenen Garten wie im Stadtpark, geführte Safaris in Nationalparks (etwa in Afrika) und auch andere, weniger gut planbare Ereignisse. Die langen Brennweiten hingegen empfehlen sich für kleine Tiere und solche mit großer Fluchtdistanz; dem Naturfotografen erschließen diese Teleobjektive aus der Profi-Liga genau den Bereich, den er auch mit einem Fernglas 8facher oder 10facher Vergrößerung überblicken kann.
    Oft wünscht sich der Beobachter etwa eines Vogels, mit einem noch stärkeren Fernglas noch näher ans Objekt heranzukommen, etwa um Details eines Gefieders besser erkennen und so vielleicht die Art, das Geschlecht oder das Alter eines Vogels bestimmen zu können; Profis legen sich für diesen Zweck ein sog. Spektiv zu. Dasselbe Problem bzw. denselben Wunsch haben auch Tierfotografen, nur haben sie es deutlich "schwerer", diesen Wunsch zu befriedigen: Ein Konverter verlängert die Brennweite um den Faktors 1,4 oder 2.0, vermindert aber gleichzeitig die Lichtstärke um eine bzw. zwei Blenden. Objektiv-Konstruktionen aber von 1.000 oder mehr Millimetern Brennweite und zugleich zufriedenstellender Lichtstärke sind weder auf dem Rücken noch finanziell tragbar.

2. Verfahrenstechnik

In der Tierfotografie kämpft der Fotograf also oft genug darum, das Objekt überhaupt einigermaßen formatfüllend auf 24 x 36 mm unterbringen zu können – für ausgefeilte Bildgestaltung bleibt da oft wenig Spielraum:

Wer ein bewegungsloses Motiv – einen ruhig sitzenden oder auf Beute lauernden Reiher etwa – im Sucher hat, muß vor allem darauf achten, das Bild nicht zu verwackeln: Nach anstrengenden Fußmarsch oder kurzem Sprint dürfte das ziemlich schwierig sein. Ideal ist also die "Ansitzjagd" mit dem Stativ. Wer sich hingegen an seine Motive heranpirscht, sollte zugleich nach Baumstämmen, Ästen etc. zum Anlehnen oder Abstützen Ausschau halten oder ein Einbeinstativ verwenden. Steht der Fotograf aber ohne solche "Unterstützung" da, sind Ruhe und Konzentration die Fotografenpflicht: Er bzw. sie stellt sich also mit leicht gespreizten Beinen hin, drückt den Rücken nach vorn durch, vergewissert sich eine sicheren Griffes am Teleobjektiv und Kameragehäuse, zieht die Oberarme den den Brustkorb, atmet langsam ein und wieder aus und drückt ab.

Sobald das erste Bild vermutlich sicher "im Kasten" ist, kann man mit weiteren Aufnahmen mögliche Verbesserungen anstreben:

Je mehr man über die Verhaltensweisen eines Tieres weiß, desto eher kann man vorausahnen, was vor der Kameralinse im nächsten Moment geschehen wird. Wirklich berechenbar sind Tiere aber kaum, so daß man die Chancen nutzen sollte, die die Natur gerade offeriert. Falls sich darüber hinaus dennoch die Gelegenheit zur Bildverbesserung bietet, sollte man sie konsequent nutzen und z. B. einen Viertelkreis um das Motiv herumgehen, um eine andere Perspektive und Beleuchtung zu erzielen, oder auch aus größerer Entfernung als eigentlich nötig fotografieren: Ein Hirschkopf, ein Eichhörnchen oder Fasan, mit langer Brennweite und (fast) offener Blende exakt fokussiert, tritt vor einem gleichförmigen, ruhigen Hintergrund deutlich hervor.

3. Kleintierfotografie

Kleine, agile Tiere wie Eidechsen, Schlangen, Frösche, Mäuse und Kleinvögel sind ein Sonderfall: Einerseits kann man sich bis auf vier, drei oder zwei Meter oder noch mehr nähern, bevor die jeweilige Fluchtdistanz sie zum schnellen Rückzug veranlaßt; andererseits sind selbst so geringe Distanzen oft noch zu groß, um diese kleinen Geschöpfe wirklich (vermeintlich) "hautnah" portraitieren zu können. Hat man dann unerwartet das Glück, einem der Zwerge auf lediglich 2 m oder gar 1,5 m quasi Auge in Linse gegenüberzuliegen, so kann es passieren, daß das Teleobjektiv nicht mitspielt: Die kürzeste Aufnahmedistanz ist zu lang! Während man verzweifelt nach einem Weg sucht, wie die Aufnahme doch noch zu retten ist, verschwindet das kleine Tier ...

Hier ist also ein Bereich, in dem sich Distanz- und Nahfotografie überlappen. Die Lösung des Problems ist nicht schwierig bzw. genauso schwierig wie in der Telefotografie:

4. Pflanzenfotografie

Pflanzen haben den geschätzten Vorteil, daß sie nicht vor dem Fotografen weglaufen und sich nicht verstecken. Ein Teleobjektiv ist also eigentlich gar nicht nötig, ja nach Größe der gesamten Pflanze oder des aufzunehmenden Details reicht also im Prinzip ein Normal- oder Makro-Objektiv. Dennoch lassen sich (evtl. mit Zwischenring) auch Tele-Objektive durchaus mit Gewinn einsetzen: nicht nur, um an Blüten und Blätter "heranzukommen", die etwa mitten in einem Teich nicht direkt zugänglich sind, sondern auch, um die oben erwähnten Möglichkeiten einer Tele-Brennweite zur Bildgestaltung zu nutzen.
    Gerade die Details einer Pflanze wirken oft umso besser, je mehr sie sich vom Hintergrund isolieren lassen. Ein Tele-Objektiv verengt das unruhige Hintergrund-Gewirr von Stengeln, Blättern und Blüten auf wenige Elemente und löst diese in solche Unschärfe auf, daß sie sich oft nicht mehr identifizieren lassen. Aus größerer Distanz vom Stativ kann das leicht gelingen. Beschränkt werden die Einsatzmöglichkeit großer Brennweiten allerdings häufig durch die Kleinräumigkeit der näheren Umgebung: Sie sind nutzlos, wenn man im Rücken eine Brombeer-Hecke hat oder geschütze Pflanzen zu zertrampeln droht.


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