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Sträucher und Hecken

Sträucher bzw. Büsche sind nicht einfach kleine Bäume, die niedrige "Wälder" bilden. Sträucher haben in der Natur zwei Bedeutungen: Erstens stellen sie an einem gegebenen Ort ein wichtiges Entwicklungsstadium (eine Übergangsphase) dar in der natürlichen Sukzession (Aufeinanderfolge) von offener Vegetation, d. h. einer Brache oder Lichtung, zu geschlossener Vegetation, d. h. zu einer Standort-typischen Pflanzengesellschaft, in Mitteleuropa meist Wald; man kann dies gut sichtbar machen, wenn man denselben Ort über einige Vegetationsperioden hinweg immer wieder fotografiert. Zweitens bilden Sträucher zu einem gegebenen Zeitpunkt in einem typischerweise stufig aufgebauten Waldrand eine Übergangszone zwischen Kräutersaum und "Waldmantel" – also jenen Strauchgürtel, der natürliche oder naturnahe Wälder umgibt und schützt: Zusammen mit den sich nach innen anschließenden noch niedrigeren und lichthungrigen Randbäumen des "Waldmantels" halten sie horizontal wirkende Klimaeinflüsse vom dunklen, gleichmäßig temperierten und feuchten Waldinneren fern.

Für sich genommen nimmt eine Strauchzone relativ wenig Raum ein – auch in sonnenexponierter Lage ist sie nur wenige Meter breit – und doch geht ihre Funktion, ihr ökologischer Wert weit über ihre Grundfläche hinaus: Als Kontaktzone zwischen dem Wandinneren und der (meist vom Menschen geschaffenen) offenen Landschaft stellt sie ein "Saumbiotop" (Ökoton) dar, dessen unterschiedliche und dynamische Lebensbedingungen es Arten mit unterschiedlichen Habitat-Ansprüchen ermöglichen, auf engem Raum nebeneinander vorzukommen. Die sich daraus ergebende hohe Artendichte und -vielfalt (Diversität) macht den Waldrand (Strauchzone und Kräutersaum) zu einem wertvollen und schützenswerten Rückzugsgebiet für viele seltene Pflanzenarten: ca. 600 Arten leben hier, ein Drittel unserer Flora!

Die Tierwelt profitiert in gleichem Maße von der Vielfalt und Entwicklungsdynamik der Strauch- und Krautzone: Unzählige Kleinlebewesen finden hier auf engem Raum in unterschiedlichen Vegetationsformen und Kleinklimaten ihre ökologischen Nischen, die sie für die Nahrungsaufnahme, Fortpflanzung und Überwinterung brauchen; größere und mobilere Arten, die in der offenen Landschaft Nahrung finden, benötigen dennoch den Waldsaum zur Fortpflanzung und zum Schutz vor Beutegreifern und schlechter Witterung.

Krautzone, Strauchzone, Wald
Waldrand: Krautgürtel, Strauchgürtel & "Waldmantel" sind natürlicherweise oft keine glatt gegeneinander abgegrenzte Zonen, sondern (manchmal tief) miteinander verzahnt · Wuppertal, 27.8.2013

Strauchzone am Waldrand
Waldrand mit blühenden Schlehen (Prunus spinosa) als Strauchzone · Solingen, 18.04.2015

Hecken
Von den einst ausgedehnten Wäldern Mitteleuropas, die sich nur durch Wasser und unfruchtbaren Felsen aufhalten ließen, sind heute vielerorts nur Waldinseln auf großen landwirtschaftlich genutzten Flächen übrig geblieben. Angesichts des noch großen Waldreichtums könnte man der so entstandenen starken Strukturierung der Fläche durchaus Positives abgewinnen, da eine Verlängerung der Waldaußen- und innenränder zunächst ja auch die deren Saumbiotope vergrößert. Diese sind jedoch durch kurzsichtiges Profitdenken in den letzten Jahrzehnten oft auf schmalste Reste reduziert oder ganz vernichtet worden. Geblieben sind aber oft vom eigentlichen Wald losgelöste, künstlich angelegte Hecken, die Grundstücke begrenzen und den Wind brechen sollten. Diese gilt es ebenso zu erhalten wie die Waldränder.

Leider sieht man allzuoft, daß Wald an Privatgrundstücken ohne Übergangsvegetation abrupt endet. Die Bäume werden mit einem Zaun in die Schranken verwiesen, diesseits des Zaunes macht sich "gepflegter" Rasen breit, mit Dünger gepeppelt und geschoren und mit Herbiziden gegen solche "Un"kräuter verteidigt, die trotz oder gerade wegen der Düngergaben wachsen. Natürlich geht es auch anders: Ein sich entwickelnder Waldsaum holt all die Tier- und Pflanzenarten aufs eigene Grundstück, die dieses schließlich zu einem Naturerlebnis machen. Und eine breite, möglichst undurchdringliche Hecke schützt auch fern des Waldes viele gefährdete Tierarten vor Freßfeinden und Witterung – wenn man sie nur als Biotop begreift und nicht als reines Zierelement, dem in engen Abständen ein Formschnitt zu verpassen ist.

Hecken sind also aus gutem Grund geschützt: auf der Grundlage des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) durch die Landschaftsgesetze der Länder. So ist es etwa nach §64 Abs. 2 des Landschaftsgesetzes NW vom 1. März bis zum 30. September verboten, Hecken und Gebüsch zu roden, abzuschneiden oder zu zerstören. Alle gröberen Arbeiten müssen daher bis Ende Februar abgeschlossen sein, danach ist ein "auf den Stock setzen" von Gebüsch und Hecken nicht mehr erlaubt – auch nicht in Gärten.
"Form- und Pflegeschnitte an Hecken, bei denen allerdings nur die diesjährigen Triebe zurückgeschnitten werden dürfen", sind allerdings, wie die Landschaftsbehörden gelegentlich öffentlich mitteilen, "nach wie vor erlaubt, wenn sich in der betroffenen Hecke keine bebrüteten Nester befinden" (Düsseldorfer Amtsblatt vom 28.02.1998).

Diese Einschränkung bedeutet allerdings, daß in der Praxis vielfach Hecken doch nach Belieben zwischen dem 1. März bis zum 30. September geschnitten werden – wo kein Kläger, da kein Gericht.
Und die Regelung wird sogar noch weiter verwässert: Sie "gilt nicht für behördlich angeordnete oder zugelassene Maßnahmen, die aus wichtigen Gründen des allgemeinen Wohls nicht zu anderer Zeit durchgeführt werden können." Gemeint sind damit in der Regel Gründe der Verkehrssicherung: Immer wenn eine Behörde das Beschneiden eines Gebüschs vergessen hat, wird das eben nach dem 1. März nachgeholt.


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