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"Schottergarten"

Gartenfreunde kennen den traditionellen "Steingarten": einen mit Bruchsteinen gestalteten (Hang-)Garten, welcher häufig dem Relief eines Gebirges nachempfunden ist und einer typischen Gebirgsflora und/oder trockenheitliebenden (xerophilen) Pflanzen ein optimales Habitat bietet. Neuerdings wird diese Bezeichnung manchmal leider auch für etwas ganz anderes verwendet, das die Bezeichnung Biotop als 'Lebensort' – so die Übersetzung aus dem Altgriechischen – überhaupt nicht verdient:

Seit der Jahrtausendwende (2000) macht sich im privaten wie öffentlichen Raum, in unseren Vorgärten und auf Verkehrsflächen ein Modetrend breit, der im offensichtlichen Widerspruch zu allen Bemühungen um Umwelt- und Naturschutz steht: die Versiegelung von Grünflächen durch – nicht Asphalt, sondern – Schotter oder Kieselsteine als quasi architektonisches Gestaltungsmittel. Die vormalige Pflanzendecke mußte einer menschlichen "Ästhetik" weichen, ein Nachwachsen des "Unkrauts" wird durch ein Bodenvlies unter den Steinen verhindert; falls der "Schottergarten" überhaupt eine Bepflanzung aufweist, erschöpft sich diese in wenigen Exemplaren meist fremdländischer Pflanzenarten, die es dort zuvor nicht gab. Sie werden je nach Größe in dekorativen Pflanzkübeln oder in Löchern im Bodenvlies präsentiert, um zusammen mit Findlingen und anderen Deko-Artikel (z. B. Leuchtsteinen) eine gewünschte optische Wirkung zu erzielen.

Die typischen Motive für die Anlage eines geschotterten Vorgargens sind bekannt:

Die genannten Vorteile sind allerdings nur temporär oder subjektiv – dies sind die Nachteile eines Kiesel- bzw. Schottergartens:

Schottergarten
Asphalt, Beton, Platten, "Schottergarten": alles sauber, alles ordentlich? · 18.5.2019

Die aus "Schottergärten" resultierenden Probleme sind seit langem bekannt und auch der Politik nicht verborgen geblieben; seit sich der Trend zur "dekorativen Versiegelung" verstärkt und allenthalben im Stadtbild zeigt, versuchen Politiker und Behörden gegenzusteuern: Tatsächlich können Landesbauordnungen ebenso wie Naturschutzgesetze eine Freiflächengestaltung bestimmen (so geschehen in Baden-Württemberg), Bebauungspläne können "Schottergärten" ausschließen, Kommunen können geschotterte Flächen als versiegelt definieren, was die Regenwassergebühr erhöht. Das Problem liegt hier in der Mutlosigkeit, Zögerlichkeit und Trägheit der politischen Akteure: Wenn "Schottergärten" nur für Neu- und Umbauten verboten werden, bleibt der "Altbestand" unangetastet, und "Schotterfreunde" werden versuchen, rechtzeitig vor einem – nach langwierigen Diskussionen – drohenden Verbot Fakten zu schaffen.
    Allerdings: So wichtig eine klare, umweltfreundliche gesetzliche Regelung ist, so wenig kann sie alleine die gewünschten naturnahen Vorgärten garantieren: Wer gezwungen wird, seinen Schottergarten zu beseitigen, ist noch längst nicht vom ökologischen Nutzen eines Biotops vor der eigenen Haustür überzeugt; ein "gut gepflegtes" weil kurzgeschorenes Stück Rasen ist zwar für das Mikroklima und Versickern des Regenwassers besser als ein Schottergarten, ökologisch aber ähnlich wertlos. Gefragt sind Überzeugungsarbeit und gute Vorbilder ...

Anfang 2023 hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg einen richtungsweisenden und unanfechtbaren Beschluß gefaßt: Die Bauaufsichtsbehörden in Niedersachsen dürfen anordnen, Schottergärten beseitigen zu lassen. Geklagt hatten die Eigentümer eines Einfamilienhauses aus Diepholz: In ihrem Vorgarten hatten sie zwei Kiesbeete mit einer Fläche von ca. 50 qm angelegt, die aufgrund einiger vereinzelt wachsender Pflanzen "Grünflächen" seien. Die Stadt erließ jedoch gegen die Kiesbeete eine baurechtliche Verfügung wegen Verstoßes gegen die niedersächsische Bauordnung, welche vorschreibt, daß nicht überbaute Grundstücksflächen Grünflächen sein müssen, sofern sie nicht für eine andere Nutzung erforderlich sind. Grünflächen würden "durch naturbelassene oder angelegte, mit Pflanzen bewachsene Flächen geprägt", so das Gericht.

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