Dermaptera > Forficulidae – Ohrwürmer

Auszug aus der Klassifikation der Ohrwürmer in der Klasse der Insekten:

  • Ordnung Dermaptera Linnaeus 1758 ("Ohrwürmer")
    • Unterordnung Neodermaptera Engel 2003 ("Ohrwürmer")
      • Familie Forficulidae Latreille 1810 ("Eigentliche Ohrwürmer")
        • Unterfamilie Anechurinae Latreille 1810 ("Wald-Ohrwürmer")
          • Gattung Anechura Scudder 1876
          • Gattung Chelidura Latreille 1825
          • Gattung Chelidurella (Synonym ↵)
          • Gattung Pseudochelidura Burr 1911
        • Unterfamilie Forficulinae Latreille 1810 ("Echte Ohrwürmer")
          • Gattung Apterygida Westwood 1840
          • Gattung Doru Burr 1907
          • Gattung Forficula Linnaeus 1758
          • Gattung Guanchia Burr 1911
          • etc.
      • Familie Spongiphoridae Verhoeff 1902 ("Kleine Ohrwürmer")
        • Unterfamilie Caecolbaiinae Steinmann 1989
        • Unterfamilie Cosmogeracinae Brindle 1982
        • Unterfamilie Isolaboidinae Brindle 1978
          • Gattung Isolaboides NN nn
        • Unterfamilie Isopyginae Hincks 1951
        • Unterfamilie Labiinae Burr 1909
          • Gattung Chaetolabia Brindle 1972
          • Gattung Circolabia Steinmann 1987
          • Gattung Isolabella Verhoeff 1902
          • Gattung Labia Leach 1815
          • Gattung Paralabella Steinmann 1990
          • Gattung Paraspania Steinmann 1985
          • Gattung Sphingolabis de Bormans 1883
          • Gattung Spirolabia Steinmann 1987
        • Unterfamilie Nesogastrinae Verhoeff 1902
        • Unterfamilie Pericominae Burr 1911
        • Unterfamilie Ramamurthiinae Steinmann 1975
        • Unterfamilie Rudracinae Srivastava 1995
        • Unterfamilie Sparattinae Verhoeff 1902
        • Unterfamilie Spongiphorinae Verhoeff 1902
          • Gattung Marava Burr 1911
        • Unterfamilie Spongylopsalinae Burr 1911
        • Unterfamilie Vandicinae Burr 1911
      • Familie Labiduridae ("Sand-Ohrwürmer")
        • Unterfamilie Labidurinae
        • Unterfamilie Nalinae

"Ohrwürmer" sind keine Würmer, sondern Fluginsekten (Pterygota) der Ordnung Dermaptera. Dieses Kompositum wurde nach demselben Muster wie Hymenoptera ('Hautflügler') gebildet, der erste Bestandteil ist die Dermis (die 'Lederhaut' auch des Menschen), was sich hier auf die kurzen, harten Vorderflügel (die Elytren) bezieht; der zweite Bestandteil ist πτερόν bzw. pteron, das griechische Wort für 'Flügel'. Ohrwürmer sind also 'Lederflügler'.
    Die Dermaptera umfassen weltweit über 2.030 Arten, die in 11 Familien unterteilt werden. In Deutschland sind im Freiland 7 Arten bekannt, in der Schweiz 9, in Österreich 12 (im deutschsprachigen Raum gesamt 13) und weitere 6 aus Gewächshäusern. In Europa sind es wohl 64 Arten plus 19 endemische Inselarten auf den Kanaren und Madeira. Allen Arten gemeinsam sind die zu "Zangen" (Forceps) umgebildeten Cerci am Hinterleib, die zur Jagd, zur Verteidigung oder als Hilfsorgan zum Entfalten der Hinterflügel eingesetzt werden. Bei Männchen sind sie oft stark nach außen gebogen und wichtig für die Paarung und bei manchen Arten auch Kommentkämpfe. Wie die Fangschrecken (Mantodea), Heuschrecken (Orthoptera) u. a. gehören die Ohrwürmer zu den hemimetabolen Insekten, es gibt also Nymphen, bevor diese das Imaginalstadium erreichen.

Gattung: Forficula Linnaeus 1758  · 

Die Trivialnamen Ohrwürmer, Ohrenkneifer, Ohrenzwicker, englisch earwig und französisch perce-oreille weisen wie das lateinische Epitheton auricula (die Diminutivform zu auris) einen Bezug zum menschlichen Ohr auf, der allerdings vieldeutig bzw. unklar ist:

  • Ein alter Glaube besagt, im Mörser pulverisierten Ohrwürmer könnten Ohrenbeschwerden bzw. Taubheit heilen. Die Entstehung dieser Vorstellung ist offenbar nicht gesichert.
  • Die Bezeichnung Ohrwurm legt als mögliche Erklärung den seit der Antike (von Plinius dem Älteren) überlieferten Glauben nahe, Ohrwürmer würden in das menschliche Ohr eindringen und es schädigen. Das Wort Wurm hatte in älteren Sprachstufen eine weitere Bedeutung als heute, konnte sich also nicht nur auf wirbellose Tiere beziehen (vgl. Lindwurm oder Glühwürmchen). Im Englischen ist es ähnlich, aber nicht gleich: Wider Erwarten bezieht sich earworm auf die Nachtfalter-Gattung Helicoverpa (im Deutschen "Eulen"), ein earwig aber ist ein 'Ohrwurm'; dieser hat nichts mit einer Perücke (wig) zu tun, vielmehr leitet sich das englische wig in earwig vom altenglichen wicga ab, was 'Insekt' bedeutete. Natürlich mag es vereinzelt vorgekommen sein, daß Ohrwürmer und andere Insekten in Mund, Nase oder Ohr gelangten, aber nicht absichtlich.
  • Ohrenkneifer und Ohrenzwicker nähren die Befürchtung, ein solches Insekt könne einem Menschen mit seiner Zange ins Ohr kneifen; das französische perce-oreille suggeriert gar, es könne ein Ohr durchbohren. Das ist ebenso Unfug wie der Glaube, ein Ziegenmelker (eine Nachtschwalbe der Gattung Caprimulgus) würde Ziegen melken.
  • Eine letzte Deutung führt die Ähnlichkeit der entfalteten Hinterflügel mit der Form des menschlichen Ohrs an; da unsere Ohrwürmer selten fliegen, wird das der am wenigsten wahrscheinlich Ursprung der Trivialnamen sein.

  • Earwigs-online by Fabian Haas: Project page > Earwigs of Germany
  • Gesundheitsamt Baden-Württemberg: Schädlinge + Lästlinge > Lästlinge > Ohrwurm
  • Ohrwurmblog von Danilo Matzke
  • Matzke, Danilo (1996): "Zum Vorkommen des Sandohrwurms (Labidura riparia PALLAS) auf Abgrabungsflächen Nordwest-Sachsens und angrenzender Gebiete (Insecta, Dermaptera, Labiduridae)" in: Mauritiana (Altenburg) 16 (1996) 1, S. 57–70. PDF: Zum Vorkommen des Sandohrwurms
  • Matzke, Danilo (2011): "Fauna der Ohrwürmer (Dermaptera) und Schaben (Blattoptera) Sachsens" in: B. Klausnitzer & R. Reinhardt: Beiträge zur Insektenfauna Sachsens, Band 9. – Mitteilungen Sächsischer Entomologen, Suppl. 9: 9–81.
  • Matzke, Danilo & Günther Köhler (2011): Rote Liste und Gesamtartenliste der Ohrwürmer (Dermaptera) Deutschlands in: Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3): 629–642. PDF: Rote Liste Ohrwürmer

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