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Reptilien-Nachrichten

Drei amerikanische Sumpfschildkröten-Arten vermehren sich in Deutschland (2023/1)

Die Haltung von Reptilien ist seit Jahrzehnten auch in Deutschland ein beliebtes Hobby. Oft waren und sind die Halter allerdings keine versierten und verantwortungsvollen Terrarianer, sondern Kinder und Jugendliche, deren Eltern ihnen ein "lebendes Spielzeug" gekauft hatten; ein vor der Jahrtausendwende beliebtes Spielzeug war eine kleine, "5-Mark-große" Wasserschildkröte, die zu Tausenden aus den USA importiert und meist "zu Tode gepflegt" wurde. Wenn die Tiere allerdings überlebten, wuchsen sie – so sehr, daß sie in einem Zimmer-Aquarium oder -Paludarium (und anschließend vielleicht Gartenteich) bald keinen Platz mehr hatten und schließlich "in die Freiheit" ausgewildert wurde: Dort hätten sie es sicherlich besser.
    Lange Zeit hatten sie es dort zwar besser, aber nicht gut genug, um sich zu vermehren: Unsere Sommer waren nicht warm und lang genug für die Entwicklung der Embryonen in ihren Eiern, und wenn nach zwei, drei Monaten doch einmal Jungtiere schlüpfen konnten, waren es bei zu niedrigen Temperaturen nur Männchen. Nun aber schafft der Klimawandel zunehmend Temperatur-Bereiche wie in der Ursprungsheimat der Exoten. Die Folge: Drei Arten der Neuwelt-Sumpfschildkröten (Emydidae) vermehren sich nachweislich regelmäßig in deutschen Gewässern:

Trachemys scripta etwa wurde bei Koblenz, Mainz, Bernkastel-Kues, Trier und Karlsruhe entdeckt, in Seen bei Freiburg (Breisgau) und Kehl wurden gar große Populationen aller drei Arten freilebend gefunden, was Wissenschaftler der Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen Dresden sowie der Universität Freiburg veranlaßte, fast 200 Individuen verschiedenen Alters genetisch zu untersuchen. Das Ergebnis: Alle drei genannten Arten hatten sich vor Ort vermehrt und somit erfolgreich in Baden-Württemberg etabliert. Für Trachemys scripta war das wenig überraschend, ihr Import war 1997 EU-weit verboten, der Verkauf auch hier gezüchteter Exemplare 2016 untersagt worden, und aus Mittelmeerregionen waren sich selbst erhaltende Populationen längst bekannt. Für die anderen beiden Arten (vor allem die angeblich kälteempfindliche Graptemys pseudogeographica) war eine Vermehrung hingegen nicht zu erwarten, sie waren erst später als Ersatz für Trachemys scripta eingeführt und schließlich auch ausgesetzt worden – oder "ausgebüchst". Die Politik hatte es nicht für geboten erachtet gegenzusteuern.

Für das heimische Ökosystem sind auch diese – nur scheinbar trägen – Sumpfschildkröten problematisch: Sie ernähren sich nur teilweise vegetarisch, fressen also auch Insekten, Amphibien, Fische und Aas und dezimieren somit gefährdete heimische Arten (Frösche, Molche) oder treten in Konkurrenz zu anderen Karnivoren, etwa der (Barren-) Ringelnatter. Gefährdet sind nicht zuletzt die wenigen Restpopulationen der kleineren heimischen Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis), die übrigens auch zu den Neuwelt-Sumpfschildkröten (Emydidae) zählt.
    Quelle: Tietz, Benno & Johannes Penner & Melita Vamberger (2023): "Chelonian challenge: three alien species from North America are moving their reproductive boundaries in Central Europe" in: NeoBiota 82: 1–21 (Nach außerhalb dieser Website).


Ist ein Chamäleon das kleinste Reptil der Welt? (2021)

Wissenschaftler haben 2012 ganz im Norden Madagaskars im Naturreservat COMATSA Nord (Marojejy Anjanaharibe Tsaratanàna) eine winzige neue Chamäleonart entdeckt, vermutlich die kleinste überhaupt: Die beiden erwachsenen Exemplare wurden von ihren sieben Erstbeschreibern aufgrund morphologischer und molekulargenetischer Untersuchungen der Gattung Brookesia zugeordnet, von deren schon bekannten, ebenfalls kleinen Arten unterschieden und schließlich 2021 als "Brookesia nana Glaw, Köhler, Hawlitschek, Ratsoavina, Rakotoarison, Scherz & Vences, 2021" registriert. Das Männchen definiert den Holotypus und ist mit seiner Kopf-Rumpf-Länge (KRL) von 13,5 mm und Gesamtlänge (GL) von 21,6 mm noch kleiner als das Weibchen (Paratypus) mit einer KRL von 19,2 mm und GL von 28,9 mm. Die beiden Zwerge aus der Unterfamilie der "Stummelschwanz-Chamäleons" (Brookesiinae) finden somit auf einem Fingernagel Platz.

Die Beute der winzigen Reptils muß noch winziger sein: vermutlich Milben, Springschwänze etc. Auch Brookesia nana jagt Chamäleon-typisch mit einer Schleuderzunge, offenbar auf dem Regenwaldboden. Zum Schutz vor Beutegreifern übernachten die Tiere auf Grashalmen, von denen sie sich bei Gefahr fallenlassen. Offenbar hat die Art eine ökologische Nische gefunden, die ihr Überleben bis jetzt gesichert hat; bis jetzt, denn Rodungen zum Gewinn weiterer Ackerflächen begründen Zweifel an ihrem Überleben: Weitere Exemplare von Brookesia nana konnten bislang nicht gefunden werden.


Die "Barren-Ringelnatter" (Natrix helvetica) ist eine eigene Art (2017)

Die in Italien, Frankreich, der Schweiz, den Benelux-Ländern, Südengland und im deutschen Rheinland verbreitete "Barren-Ringelnatter" wurde lange als Natrix natrix helvetica, also als Unterart der Ringelnatter (Natrix natrix) geführt. Seit 2017 wird sie aufgrund genetischer Untersuchungen als eigene Art betrachtet: Natrix helvetica. Diese Natternart weist auf ihren Körperseiten je eine Reihe senkrechter Streifen (namengebender "Barren") auf; u. a. sind außerdem ihre Nackenflecken oft blasser und nähern sich mehr in der Mitte an als bei der uns vertrauten östlichen Ringelnatter. An den Verbreitungsgrenzen der beiden Arten kommt es allerdings zu Hybridisierungen mit der Nominatform (Natrix natrix), die sich nicht leicht erkennen lassen.


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