Verbraucherschutz: Milch
Milch ist eine besondere Flüssigkeit: Sie ist eine Mischung (eine sog. Dispersion) von Eiweißen, Milchzucker und Milchfett in Wasser. Säugetieren dient diese Nährflüssigkeit der Aufzucht der Jungen. Der Mensch nutzt die Milch insbesondere domestizierter Kühe als Nahrungsmittel nicht nur für seinen eigenen Nachwuchs, sondern auch für Erwachsene. Eine riesige Anzahl von Nahrungsmitteln wird aus Milch hergestellt: vom lange haltbaren, seit Jahrtausenden bekannten Hartkäse bis zur Crème fraîche.
Milch ist als Nahrungsmittel immer wieder in den Schlagzeilen: Milchkühe werden seit Jahrzehnten auf immer größere Produktionsmengen hin gezüchtet, was die ständige Zufuhr von Kraftfutter und Medikamenten erfordert. Deren Spuren lassen sich dann in der Milch und sogar im Grundwasser nachweisen. Die Ausbringung der Gülle außerhalb der Vegetationszeit und/oder im Übermaß belastet tiefere Bodenschichten und das Grund- und Oberflächenwasser mit Stickstoff; diese Überdüngung (Eutrophierung) führt zu Algenblüte in Gewässern und sauerstoffarmen Böden und reduziert die pflanzliche und in der Folge auch tierische Artenvielfalt. Der berüchtigte "Milchsee" bzw. "Butterberg" ist ein Produkt verfehlter EU-Agrarpolitik. Der Preis wird nicht durch bäuerliche Produzenten, sondern durch die milchverarbeitende Industrie und den Handel bestimmt.
- Milch-liefernde Säugetiere
- Der wichtigste Milchlieferant in Europa ist die Kuh, also die seit vielleicht 8,5 Jahrtausenden domestizierte Form des Auerochsen, der während des Dreißigjährigen Krieges ausgerottet wurde. Kuhmilch wird im Deutschen einfach als "Milch" bezeichnet; andere Säugetierarten sind als Lieferanten explizit anzugeben: Ziege, Schaf, Pferd (bzw. Stute), Kamel, Rentier, Wasserbüffel (für Mozzarella), Yak. "Sojamilch" ist überhaupt keine Milch, sondern eine falsche Bezeichnung für Sojagetränk.
- Milchprodukte
- Aus Milch wurden (und werden weiterhin) viele, teils landestypische Produkte entwickelt, hier in alphabetischer Reihenfolge: Butter, Buttermilch, Crème fraîche, Dickmilch, Frischkäse (Oberbegriff für Hüttenkäse, Mascarpone, Quark, Ricotta etc.), Joghurt, Käse (Hart-, Schnitt- & Weichkäse), Kefir, Milchpulver, Molke und Molkepulver, Quark (österr.: Topfen), Saure Sahne, Süße Sahne (auch: Schlagsahne, österr.: Schlagobers), Schmant (auch: Schwand), Schmelzkäse.
- Inhaltsstoffe
- Die Bestandteile der Kuhmilch ähneln denen der menschlichen Muttermilch, die nachfolgend jeweils in Klammern angegeben ist: Wasser: 87,5% (87,2%), Kohlenhydrate: 4,8% (7%), Fett: bis 4,2% (4%), Eiweiße: 3,5% (1,5%), Mineralien & Spurenelemente: 0,7% (0,3%). Das Calcium (120 mg in 100 ml Milch) benötigen Mensch und Tier zum Knochenaufbau. Das wichtigste Kohlenhydrat ist Lactose (ein "Milchzucker", in Kuhmilch 4,6%), die von Erwachsenen südlicher Länder oft nicht verwertet werden kann:
- Lactose-Intoleranz
- Erwachsene Menschen konnten Lactose ursprünglich nicht verdauen: Zur Verdauung dieses "Milchzuckers" ist das Enzym Lactase erforderlich, das menschliche Kleinkinder während der Stillzeit ausreichend produzieren, später aber immer weniger. Nach der letzten Eiszeit entwickelten die Menschen des Neolithikums in Nord- und Mitteleuropa nach und nach die Fähigkeit, auch als Erwachsene die Lactose aufzuspalten: Zunächst konnte nur Käse problemlos verdaut werden, schließlich war für 85–90% der Europäer auch rohe Milch genießbar. In Afrika, Asien, Südamerika und auch Grönland ist es umgekehrt, dort sind 40–100% der Erwachsenen Lactose-intolerant. Für Lactose-intolerante Konsumenten bietet die Lebensmittelindustrie Laktose-freie Milch, der sie das Enzym Lactase zugesetzt hat.
- Rohmilch => Vorzugsmilch
- Rohmilch (Fettgehalt: 3,5–5,0%) wird nach dem Melken nur filtriert und gekühlt, also nicht wärmebehandelt, weshalb sie (für die meisten Konsumenten ungewohnt) anders schmeckt als behandelte Milch. Filtrierte und verpackte Rohmilch (3,5–4,0% Fett) kommt als "Vorzugsmilch" in den Bio-Handel, die bei maximal +8 °C gelagert und nach spätestens 96 Stunden verbraucht werden muß. Da die Roh- bzw. Vorzugsmilch auch nicht homogenisiert wird, bildet sich während der Lagerung auf ihr eine Rahmschicht, die sich – etwa für "friesischen Tee" – vor dem Verbrauch abschöpfen oder durch Umrühren wieder auflösen läßt.
- Homogenisierung
- Homogenisiert wird Milch durch Zerkleinerung der Fett-Tröpfchen, der "Fettglobule": Deren Durchmesser werden unter hohem Druck so stark reduziert, (1–2 µm), daß die Milch nicht aufrahmt und wegen ihrer vergrößerten Gesamtoberfläche leichter verdaulich ist. Länger haltbar wird Milch aus mikrobieller Sicht so nicht.
- Pasteurisierung
- Pasteurisiert (so genannt nach Louis Pasteur) wird Milch durch 15–30 Sekunden langes Erhitzen auf 72–75 °C, um Mikroorganismen abzutöten. Solche Milch ist gekühlt (6–7 °C) in ungeöffneter Verpackung 6–10 Tage haltbar, in geöffneter Verpackung noch 2–4 Tage.
- Ultrahocherhitzung
- Ultrahocherhitzte Milch (UHT-Milch bzw. einfach H-Milch) wird 2–8 Sekunden lang auf mindestens 135 °C erhitzt. In ungeöffneten Packungen ist solche Milch bei normaler Zimmertemperatur mindestens drei Monate lang haltbar.
- Längere Haltbarkeit, ESL
- Die meiste "Frischmilch" ist heutzutage nicht mehr wenige Stunden jung und wenige Tage haltbar (und erst recht keine Rohmilch, wie der Bauer sie abliefert), sondern "länger haltbar". Diese ESL-Milch (ESL = "extended shelf life" = 'längere Haltbarkeit im Regal') hat in ungeöffneter Verpackung eine Haltbarkeit zwischen der pasteurisierter (5–7 Tage) und H-Milch (3–6 Monate). Der Grad der Erhitzung liegt zwischen pasteurisierter und H-Milch, Geschmack und Vitamingehalt sollen höher sein als bei pasteurisierter Milch.
- Sterilisierung
- Sterilisiert wird Milch durch 20–30minütiges Erhitzen auf 110–120 °C. Solche Milch ist bei normaler Zimmertemperatur mindestens sechs Monate lang haltbar.
- Biomilch
- Dies ist die Milch von Rindern, die gemäß EG-Öko-Verordnung Nr. 834/2007 artgerecht gehalten, also mit ökologisch produzierter Nahrung gefüttert werden und ständig Zugang zu Freigelände haben (max. 2 Milchkühe pro Hektar und Jahr). Die Anforderungen der Organisationen Bioland, Demeter und Naturland sind strenger als die des bekannten EU-Bio-Siegels (einem aus 12 Sternen angedeuteten Blatt auf hellgrünem Grund, siehe Abb. rechts).
- Mager-, fettarme & Vollmilch
- Homogenisierte und pasteurisierte Milch enthält normalerweise 3,5% Fett, Bio-Vollmilch 3,8%; entrahmte bzw. Fettarme Milch hat nur 1,5% Fett, Magermilch gar nur bis 0,5%. Ein anderer als der natürliche Fettgehalt wird erzielt, indem der Rahm in einer Zentrifuge vom übrigen Teil der Milch separiert und anschließend in der gewünschten Menge wieder hinzugefügt wird.
- Landmilch, Weidemilch, Frühlingsquark etc.
- Solche und ähnliche Bezeichnungen sind Marketing-Schöpfungen und als solche ungenormt und ungeschützt. Der Zweck ergibt sich aus der Anmutung diverser Begriffe wie Alpen, Land, Weide, Frühling etc.: Viele Konsumenten assoziieren damit Natürlichkeit, Gesundheit, Leben. Mit der Realität hat das nichts zu tun: "Frühlingsquark" wird sicher nicht nur im Frühling produziert und wäre als solcher auch nicht besser als "Sommerquark"; die Alpen sind (leider) kein Naturparadies, das Land bietet längst weniger Artenvielfalt und unbelastete Natur als die Städte, und die Weide ist nur dann ein Gütemerkmal, wenn die Milchkühe nicht mit Kraftfutter auf hohe Milchleistung hin konditioniert werden, sondern tatsächlich auf einer naturbelassenen Weide mit vielen verschiedenen frischen Gräsern und Kräutern gehaltenen werden: Die Kuh ist bekanntlich ein Wiederkäuer, der stundenlang vorverdaute Nahrung hochgewürgt und nochmals zerkaut und durch den Verdauungstrakt schickt, um sie optimal zu nutzen und die Milch mit allen für ein Kalb nötigen Inhaltsstoffen anzureichern.
- Milchsee & Butterberg
- Die geringe landwirtschaftlichen Produktion der 1950er-Jahren veranlaßte den Staat, vom Prinzip von Angebot und Nachfrage abzurücken und die meisten Agrarprodukte mit staatlichen Preisgarantien zu subventionieren. Da Bauern nun vor allem Milch de facto zu Festpreisen absetzen konnten, war die übermäßige Milchviehhaltung bzw. Überproduktion von Milch kein Risiko, sondern ein gutes Geschäft. Zwar führte die Europäische Gemeinschaft 1984 als Gegenmaßnahme die "Milchquote" ein, die jedem Mitgliedstaat ein Milchkontingent zubilligte und Überproduktion bestrafte; die Quote lag jedoch ca. 15–20% über dem Verbrauch, der subventionierte Überschuß ging in die Futtermittelproduktion und den Export oder wurde und wird immer noch notgedrungen auf Kosten des Steuerzahlers in "Milchseen" bzw. "Butterbergen" gelagert.
Welche Milch (falls überhaupt?) sollte man konsumieren? Da heute jede Supermarktkette Bio-Milch im Sortiment hat und für kaum mehr Geld als für konventionelle Milch anbietet, sollte man konsequent Bio-Milch und Bio-Milchprodukte kaufen. Besonders anspruchsvolle Konsumenten können und sollten ihre Bio-Milch im Bio-Laden oder Reformhaus erwerben.
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