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Eisvögel ·  Paläarktischer Eisvogel

Eisvogel – Alcedo atthis

Eisvogel (Alcedo atthis) · Foto: Thiemann Kurzportrait Artname: Alcedo atthis (Linnaeus 1758) · Paläarktischer Eisvogel Systematik: Ordnung: Coraciiformes (Rackenvögel) > Familie: Alcedinidae (Eisvögel) > Gattung: Alcedo (Eisvogel) > Art: Alcedo atthis (Eisvogel) > Unterarten: A. atthis atthis (Linnaeus 1758) (Nordwestafrika über Süditalien & Bulgarien bis Sibirien), A. a. bengalensis J. F. Gmelin 1788 (Südasien über Mongolai bis Japan), A. a. floresiana Sharpe 1892 (Kleine Sunda-Inseln), A. a. hispidoides R. Lesson 1837 (Sulawesi & Molukken bis Neuguinea), Alcedo atthis ispida Linnaeus 1758 (Europa bis Südnorwegen & Westrußland), A. atthis salomonensis Rothschild & E. Hartert 1905 (Salomonen), A. atthis taprobana Kleinschmidt 1894 (Indien, Sri Lanka). Merkmale: Habitus: gedrungener Rumpf, sehr kurzer Schanz, großer Kopf, langer Schnabel, blaugrüne Oberseite, rostrote Unterseite. GL: 16–18 cm, Fsw: ca. 25 cm, Gewicht 35–40 g. Rumpf kurzer & gedrungen; Schnabel ca. 4 cm lang, schwarz, Unterschnabel beim M heller, beim W orange; Iris dunkelbraun, Oberkopf blaugrün, azurblau quergestreift, vor & hinter den Augen (Wangen) rostrot, darunter (Bartstreif) blaugrün, Halshinterseite & Kehle weiß; Oberseite kobaltblau bis türkisfarben (je nach Reflexionswinkel), Steuerfedern sehr kurz, zu ≥ 2/3 von Oberschwanzdecken bedeckt; Flügel breit, Flügeldecken blaugrün (s. o.) mit azurblauen Spitzen; Füße orangerot. Verbreitung: Mittel- & Südeuropa bis Nordwestafrika & Ostasien; Zugvogel in Osteuropa, Zentralasien (isoliert) & Ostsibirien, Überwinterung in Nordafrika & Südostasien. Lebensraum: klare stehende & Fließgewässer, auch Meeresbuchten & Brackwasserlagunen, mit Sitzwarten & Niststrukturen (s. u.) Nahrung: Kleinfische, Wasserinsekten (Imagines und Larven), Kleinkrebse & Kaulquappen, die in einem Stück verschluckt werden. Lebensweise: Standvogel, territorialer Einzelgänger, auch Kommentkämpfe um ein Territorium, dessen Größe vom jeweiligen Nahrungsangebot anhängt. Ansitzjäger & Stoßtaucher, der lange still auf einem Ast sitzend auf Beute wartet, aber auch aus dem Rüttelflug heraus ins Wasser stößt. Erbeutete Fische werden totgeschüttelt oder auf die Unterlage (Ast) geschlagen und mit dem Kopf voran verschluckt, unverdauliche Nahrungsbestandteile (Knochen, Schuppe, Chitinpanzer) als Gewölle ausgewürgt. Flug waagerecht in niedriger Höhe über dem Wasser. Fortpflanzung: meist monogame Brutehe, manchmal Bigynie; Partnersuche & Balz: Februar–März, anschließend beginnt das M mit dem Graben einer Bruthöhle, dem sich das W anschließt, dabei zahlreiche Balzfütterungen; Nistorte: Steilwände (Uferabbrüche, Gräben, Wurzelteller etc.) aus Lehm oder festem sandigen Erdreich, waagerechte bis leicht ansteigende Niströhre mit Kessel: (40)50–90(100) cm, Eingang ca. 10 x 7 cm, Kessel Ø 17 cm, ca. 12 cm hoch, Bauzeit: 2–3 Wochen; Gelege (4)6–7(9) weiße glänzende Eier, Brutbeginn nach dem letzten Ei, W & M brüten & füttern, Brutdauer 18–21 Tage, Befiederung: nach 2 Wochen (Fahnen nach 3 Wochen ohne Hüllen), Nestlingszeit 23–27 Tage, nach wenigen Tagen selbständig. 2(–3) Jahresbruten, Schachtelbruten (bis 4 im Jahr) mit Überschneidungen von 5–10 Tagen möglich. Verlust von 30–40 % der Bruten durch Hochwasser etc.; geschlechtsreif im 1. Jahr. Freßfeinde im Brutkessel: Fuchs, Marder, Waschbär, Ratten & Mäusen, Maulwurf (& durch Störung: Mensch; ausgeflogener Jungvögel: Sperber & Habicht.

Unser Eisvogel (Alcedo atthis) ist der einzige mitteleuropäische Vertreter der Eisvogel-Gattung Alcedo. Das Verbreitungsgebiet seiner "Nominatform", Alcedo atthis atthis, – also des nominotypischen Taxons, das zuerst beschrieben wurde und den Artnamen definierte – reicht von Süditalien über Bulgarien und den Nahen Osten bis Nordwestindien und Südsibirien. "Unsere" Unterart, Alcedo atthis ispida, ist von Europa bis Südnorwegen und Westrußland verbreitet. Wie alle Alcedo-Arten und -Unterarten ist sie ein Fischfresser, dessen Lebensraum sich auf die Ufer klarer Gewässer (Bäche & Flüsse, Teiche, Weiher & Seen, sogar Meeresküsten) beschränkt. Dort kann man den Ansitzjäger aufgrund seines blau-roten Gefieders mit Glück und scharfem Blick auf seiner Sitzwarte entdecken. Auch der typische Flug des Eisvogels gibt einen Hinweis auf seine Identität: Ein Vogel von der Größe einer Amsel, der in gerader Linie Flug in niedriger Höhe über den Wasserspiegel fliegt, kann eine Wasseramsel sein; ein Vogel aber von der Größe nur einer Feldlerche, der in geradem Flug entlang der Uferlinie waagerecht über das Wasser "schießt", ist wahrscheinlich ein Eisvogel. Unverwechselbar ist auch sein Stoßtauchen: Er macht mit einem kurzen "Platscher" auf sich aufmerksam, wenn er unvermittelt von seiner Sitzwarte (fast) senkrecht ins Wasser stürzt und kaum eine Sekunde später in umgekehrter Richtung wieder senkrecht zurück auf den Ast fliegt – meist mit Fisch, manchmal ohne.

Das ungewohnt farbige Erscheinungsbild unseres Eisvogels, seine "exotische" Anmutung ist ein Hinweis auf seine "exotische" Herkunft bzw. sein Verbreitungsoptimum (autökologisches Optimum); sein Vorkommen außerhalb dieses Vorzugsbereichs in Mittel-, Nord- und Osteuropa stellt den Eisvogel vor hohe Herausforderungen, die sein Überleben immer wieder gefährden:

• Die größten Verluste (bis 90%) erleidet der Eisvogel in den nördlichen Randregionen seines großen Verbreitungsgebietes in harten Winter mit langen Frostperioden: Meist sind es nicht die tiefen Temperaturen selbst, die die Vögel (auf einem Ast anfrieren und) erfrieren lassen, sondern schlicht Nahrungsmangel, der sie an zugefrorenen Gewässern verhungern läßt. Durch seine hohe Fortpflanzungsrate (Gelegeanzahl und -größen) kann der Eisvogel solche Verluste allerdings in den Folgejahren wieder ausgleichen und so seine Art regional erhalten.
• An einer nachhaltigen Erholung seiner Populationen wird der Eisvogel allerdings durch die weitgehende Zerstörung seines Lebensraums gehindert: Fast alle europäischen Fließgewässer wurden in der Vergangenheit aus unterschiedlichen Gründen ausgebaut, kanalisiert, begradigt etc., Feuchtgebiete mit Kleingewässern wurden trockengelegt und landwirtschaftlich genutzt, Uferbereiche wurden zugunsten menschlicher Nutzung befestigt und ihrer Prallwände und natürlichen Vegetation beraubt. Die Folge war der Verlust der artspezifischen Nahrung (vor allem Fische) als auch der Ansitze (das Wasser überragender Äste) als auch der Nistmöglichkeiten (natürlicher Uferwände).
• Schließlich leidet der Eisvogel durch alles, was darüber hinaus seine Nahrungsgrundlage (Fischreichtum) schmälert: Wasserverschmutzung, eingeschleppte Fischkrankheiten, fehlende "Kinderstuben" für die Fischbrut in vegetationsreichen Flachwasserzonen etc.
• Hohe Verluste mußte der Eisvogel schon in früheren Zeiten hinnehmen, als er massenhaft wegen seiner Federn getötet wurde, um diese zu Schmuck für Damenhüte und Fliegenködern zum Angeln zu verarbeiten. Heute ist Alcedo atthis durch das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) streng geschützt und wird nicht mehr aktiv verfolgt; für eine nachhaltige Erholung seiner Bestände reicht das aber natürlich nicht, dringend notwendig ist die konsequente Wiederherstellung der Brut- und Nahrungshabitate.

Auch das Skelett des Eisvogels macht seinen im Verhältnis zum Rumpf langen Schnabel sichtbar		Durch sein blaues Gefieder aus großer Distanz entdeckbar: ein Eisvogel  · Solingen, 12.01.2014

Auch das rostrote Brust- & Bauchgefieder "verrät" den kleinen Ansitzfischer schon aus der Ferne ·		Düsseldorf, Urdenbacher Altrhein im NSG Urdenbacher Kämpe, 21.02.2020

Eisvogel-Habitat: unzugängliche Uferabschnitte mit Sitzwarten, Nistwänden & Fischen · Solingen, 26.5.2017

Eisvogel-Nistort: Uferabbruch ↑ · Eisvogel-Beute: kleine Fische ↓ · Wupper in Solingen, 3.6. & 26.5. 2017

Alte Eisvogel-Niströhren in einer Baumscheibe · (NL) NSG Biesbosch, 19.04.2011		Künstliche Eisvogel-Nisthöhle · Leichlingen, Wupperufer, 23.4.2022

Künstliche Eisvogel-Nistwand · Nettetal, NABU-Naturschutzhof, 05.06.2017

Jagender Eisvogel (Alcedo atthis) · hinter dem Naturkundemuseum in (NL) Maastricht, 28.12.2023

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