Wer zum ersten Mal in seinem Leben einen heimischen Eisvogel sieht, könnte sich nicht sicher sein, wirklich eine heimische Vogelart zu sehen: Mit seiner grünblau schillernden Oberseite und dunkelorangen Unterseite erinnert der kleine Fischfänger an die bunten Exoten, die wir in Dokumentarfilmen über die Tierwelt ferner Weltregionen gesehen haben. Tatsächlich ist die weltweit und überwiegend tropisch verbreitete Familie der Eisvögel (Alcedinidae) in Europa nur mit einer Art vertreten, was auch für zwei weitere Familien in der Ordnung der Rackenvögel (Coraciiformes) zutrifft: die Racken (Coraciidae) und die Bienenfresser bzw. Spinte (Meropidae); die übrigen drei Familien, nämlich die Erdracken (Brachypteraciidae), die Sägeracken bzw. Motmots (Momotidae) und die Todis (Todidae) kommen nur auf Madagaskar, in Mittel- und Südamerika bzw. auf den Großen Antillen vor.
Zur Eisvogel-Familie (Alcedinidae) gehören drei Unterfamilien: die Eigentlichen Eisvögel (Alcedininae) mit "unserem" Eisvogel, die Baum-Eisvögel bzw. Lieste (Halcyoninae) und die Wasser-bzw. Fischer-Eisvögel (Cerylinae). Zu den Liesten zählt u. a. der im Osten und Südwesten Australiens heimische "Jägerliest" bzw. "Lachende Hans" (Dacelo novaeguineae bzw. Dacelo gigas), englisch: "Laughing Kookaburra"; er ist mit bis zu 47 cm Gesamtlänge der größte aller Eisvögel Alcedinidae) und ernährt sich von Mäusen und Ratten, Eidechsen und Schlangen, kleinen Säugetieren und Vögeln sowie Insekten, weshalb er in Australien durchaus beliebt ist.
Ordnung: | Coraciiformes Sharpe, 1874 – Rackenvögel |
Familie: | Alcedinidae Rafinesque 1815 – Eisvögel |
Unterfamilie: | Alcedininae Rafinesque 1815 – Eigentliche Eisvögel |
Gattung: | Alcedo Linnaeus 1758 – Eisvögel |
Arten: |
Alcedo atthis (Linnaeus 1758) – Paläarktischer Eisvogel Alcedo coerulescens (Vieillot 1818) – Türkis-Eisvogel Alcedo euryzona Temminck 1830 – Brustband-Eisvogel Alcedo hercules Laubmann 1917 – Herkules-Eisvogel Alcedo meninting Horsfield 1821 – Meninting-Eisvogel Alcedo peninsulae Laubmann 1941 – Blauband-Eisvogel Alcedo quadribrachys Bonaparte 1850 – Schiller-Eisvogel Alcedo semitorquata Swainson 1823 – Kobalt-Eisvogel |
Unterfamilien: |
Halcyoninae Vigors 1825 – Baum-Eisvögel bzw. Lieste Cerylinae Reichenbach 1851 – Wasser- bzw. Fischer-Eisvögel |
Unser Eisvogel (Alcedo atthis) ist der einzige mitteleuropäische Vertreter der Eisvogel-Gattung Alcedo. Das Verbreitungsgebiet seiner "Nominatform", Alcedo atthis atthis, – also des nominotypischen Taxons, das zuerst beschrieben wurde und den Artnamen definierte – reicht von Süditalien über Bulgarien und den Nahen Osten bis Nordwestindien und Südsibirien. "Unsere" Unterart, Alcedo atthis ispida, ist von Europa bis Südnorwegen und Westrußland verbreitet. Wie alle Alcedo-Arten und -Unterarten ist sie ein Fischfresser, dessen Lebensraum sich auf die Ufer klarer Gewässer (Bäche & Flüsse, Teiche, Weiher & Seen, sogar Meeresküsten) beschränkt. Dort kann man den Ansitzjäger aufgrund seines blau-roten Gefieders mit Glück und scharfem Blick auf seiner Sitzwarte entdecken. Auch der typische Flug des Eisvogels gibt einen Hinweis auf seine Identität: Ein Vogel von der Größe einer Amsel, der in gerader Linie Flug in niedriger Höhe über den Wasserspiegel fliegt, kann eine Wasseramsel sein; ein Vogel aber von der Größe nur einer Feldlerche, der in geradem Flug entlang der Uferlinie waagerecht über das Wasser "schießt", ist wahrscheinlich ein Eisvogel. Unverwechselbar ist auch sein Stoßtauchen: Er macht mit einem kurzen "Platscher" auf sich aufmerksam, wenn er unvermittelt von seiner Sitzwarte (fast) senkrecht ins Wasser stürzt und kaum eine Sekunde später in umgekehrter Richtung wieder senkrecht zurück auf den Ast fliegt – meist mit Fisch, manchmal ohne.
Das ungewohnt farbige Erscheinungsbild unseres Eisvogels, seine "exotische" Anmutung ist ein Hinweis auf seine "exotische" Herkunft bzw. sein Verbreitungsoptimum (autökologisches Optimum); sein Vorkommen außerhalb dieses Vorzugsbereichs in Mittel-, Nord- und Osteuropa stellt den Eisvogel vor hohe Herausforderungen, die sein Überleben immer wieder gefährden:
Auch das Skelett des Eisvogels macht seinen im Verhältnis zum Rumpf langen Schnabel sichtbar | Durch sein blaues Gefieder aus großer Distanz entdeckbar: ein Eisvogel · Solingen, 12.01.2014 |
Auch das rostrote Brust- & Bauchgefieder "verrät" den kleinen Ansitzfischer schon aus der Ferne · | Düsseldorf, Urdenbacher Altrhein im NSG Urdenbacher Kämpe, 21.02.2020 |
Eisvogel-Habitat: unzugängliche Uferabschnitte mit Sitzwarten, Nistwänden & Fischen · Solingen, 26.5.2017 |
Eisvogel-Nistort: Uferabbruch ↑ · Eisvogel-Beute: kleine Fische ↓ · Wupper in Solingen, 3.6. & 26.5. 2017 |
Alte Eisvogel-Niströhren in einer Baumscheibe · (NL) NSG Biesbosch, 19.04.2011 | Künstliche Eisvogel-Nisthöhle · Leichlingen, Wupperufer, 23.4.2022 |
Künstliche Eisvogel-Nistwand · Nettetal, NABU-Naturschutzhof, 05.06.2017 |
Jagender Eisvogel (Alcedo atthis) · hinter dem Naturkundemuseum in (NL) Maastricht, 28.12.2023 |
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