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Kuckucke – Cuculiformes > Cuculidae

Die Kuckucksvögel bilden eine eigene Ordnung, Cuculiformes, mit einer einzigen Familie, den Cuculidae. In sechs Unterfamilien wurden weltweit 28 Gattungen mit fast 140 Arten beschrieben. Mindestens 50 Arten sind echte Brutschmarotzer, also im biologischen Sinne Kuckucke: Tierarten, die ihre Nachkommen nicht selbst versorgen (unterbringen, ausbrüten, aufziehen, füttern), sondern spezifische Wirtsarten für diese Aufgaben einspannen. Sehr stark verbreitet ist dieses Verhalten unter Insekten, etwa Wildbienen, deutlich weniger in der Vogelwelt. In Europa sind nur zwei Kuckucksvögel bekannt: der "klassische" Kuckuck (Cuculus canorus) und der in Südwest- und Südeuropa bis in den Westiran verbreitete Häherkuckuck (Clamator glandarius).

Kuckuck (Cuculus canorus), M. Kurzportrait
Artname: Cuculus canorus Linnaeus 1758 · Kuckuck
Systematik: Ordnung: Cuculiformes (Kuckucksvögel) > Familie: Cuculidae (Kuckucke) > Gattung: Cuculus (Kuckucke) > Art: Cuculus canorus (Kuckuck).
Merkmale: GL: 32–34 cm, Flügelspannweite 55–60 cm, Gewicht 95–115 g (W.) bzw. 110–140 g (M.); spitze Flügel, bis 15 cm langer fächerförmiger Schwanz (beim Sitzen typischerweise etwas angehoben und so die typische Silhouette bildend). M.: Oberseite schiefergrau, Kinn, Kehle, Halsseiten und Vorderbrust hellgrau, Unterseite weiß und graubraun gebändert, Unterschwanzdecken weißlich, Schwanz dunkel mit weißem Endsaum; Iris und Lidring hellorange. W.: entweder Brust gelblich-rötlich mit schmaler Querbänderung oder (seltener) Brust & Oberseite rostbraun. Die Ähnlichkeit in Form & Färbung mit einem Turmfalken oder Sperber ist vermutlich Mimikry.
Verbreitung: Eurasien von Spanien & Nordafrika bis Ostasien, Überwinterung im südlichen Afrika und in Indochina.
Lebensraum: Ubiquist, alle klimatischen Zonen, auch Kulturlandschaften.
Nahrung: fast nur Insekten: Schmetterlingsraupen (einschließlich behaarte und warnfarbene), auch Käfer, Libellen, Heuschrecken, Fliegen, Hautflügler, Ohrwürmer etc.
Lebensweise: beide Geschlechter sind territorial, Aufenthalt im Brutrevier ca. 6 Wochen, M. kommen ca. 1 Woche vor den W. aus dem Süden und locken W. mit dem bekannten Kuckucksruf. Visuelle & akustische Wirtsprägung; Eiablage (in der Regel jeweils 1 Ei) in Wirtsnestern Ende April–Mitte Juli, wenn die Wirte bereits erste Eier gelegt haben; pro Saison (7,5–9 Wochen) bis zu 25 (durchschnittl. 9) Eier, Größe ca. 23 x 16,5 mm, farbliche Anpassung an die Eier der jeweiligen Wirtsart. Der Kuckucksnestling schiebt die Wirtseier zwischen seinem Rücken und der Nestwand nach oben und aus dem Wirtsnest, wenn nötig & möglich auch die bereits geschlüpften Wirtsnestlinge. Flügge nach ca. 3 Wochen, der junge Kuckuck wird noch etliche weitere Wochen außerhalb des Nests gefüttert, die Wirtseltern können seinem aufgesperrten orangeroten Rachen nicht widerstehen; die biologischen Eltern sind dann bereits auf dem Weg zurück in den Süden. Verluste von Eiern durch Aufgabe der Nester, Bruterfolg 2–3 Junge pro W. & Jahr.

Seit Jahrhunderten rätseln Menschen, warum der Vogelkuckuck seine Eier nicht selbst ausbrütet und aufzieht, sondern andere und im Vergleich recht kleine Vogelarten damit belastet. Charles Darwin erklärte 1859 in seinem berühmten Hauptwerk (On the Origin of Species by Means of Natural Selection, or The Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life) das Verhalten des Kuckucks erstmals als Ergebnis seiner Evolution, also durch die Vorteile des Brutparasitismus. Tatsächlich sind einige Erklärungen plausibel:

Kuckuck (Cuculus canorus), M.   Kuckuck (Cuculus canorus), M.
Kuckuck (Cuculus canorus)  in Erregungshaltung: hängende Flügel und angehobener Schwanz bei ...   ... gleichzeitigem Rufen zum Anlocken von · NSG Urdenbacher Kämpe, Düsseldorf, 15.5.2017

Die Wirte des Kuckucks sind Kleinvögel von Laubsänger- bis Drosselgröße, sofern sie vor Ort in Anzahl vorkommen und ihre Nester gut zu finden sind:

Lerchen (Alaudidae):
    Feldlerche (Alauda arvensis)
Stelzen & Pieper (Motacillidae):
    Bachstelze Motacilla alba)
    Baumpieper Anthus trivialis)
    Wiesenpieper (Anthus pratensis)
    Bergpieper (Anthus spinoletta)
Zaunkönig (Troglodytes troglodytes)
Braunellen (Prunella):
    Heckenbraunelle (Prunella modularis)
Fliegenschnäpper (Muscicapidae):
    Rotkehlchen (Erithacus rubecula)
    Gartenrotschwanz (Phoenicurus phoenicurus)
    Hausrotschwanz (Phoenicurus ochruros)
    Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe)
  Rohrsänger (Acrocephalidae):
    Drosselrohrsänger (Acrocephalus arundinaceus)
    Teichrohrsänger (Acrocephalus scirpaceus)
Grasmücken (Sylviidae):
    Dorngrasmücke (Sylvia communis)
    Gartengrasmücke (Sylvia borin)
    Sperbergrasmücke (Sylvia nisoria)
Laubsänger (Phylloscopidae):
    Fitis (Phylloscopus trochilus)
    Zilpzalp (Phylloscopus collybita)
Würger (Laniidae):
    Neuntöter (Lanius collurio)
Finken (Fringillidae):
    Bergfink (Fringilla montifringilla)

Stelzen & Pieper, Würger, die Heckenbraunelle, Grasmücken und Rohrsänger sind offenbar die häufigsten Wirte. Kuckucksweibchen sind visuell und akustisch auf Wirtsarten geprägt, was einen Wirtswechsel verhindert. Die Anpassung an die Färbung der Wirtseier ist nicht sehr ausgeprägt, aber offenbar auch nicht sehr nötig.
    Der geringe Bekanntheitsgrad der meisten Wirtsvogelarten hat seinen Grund: Viele sind selten geworden, denn sie mußten in den letzten Jahrzehnten massive Habitatsverluste hinnehmen und finden nicht mehr die Nahrung, die bis in die 1950er Jahren noch im Überfluß in Feld und Flur und Wald (und auch auf den Windschutzscheiben der Autos) zu finden war: Insekten. Wenn uns ein "stummer Frühling" droht, dann gilt das vor den Wirtsvögeln des Kuckucks dem Kuckuck selbst, denn Brutparasiten sterben immer vor ihren Wirten aus. Der Ruf des Kuckucks ist also ein akustisches Signal der Hoffnung, daß uns unsere Vogelwelt erhalten bleibt.

Daß die – für die heimsche Vogelwelt ganz ungewöhnliche – Fortpflanzungsbiologie des Kuckucks den Menschen seit langem bekannt ist, zeigen auch einige Metaphern unserer Sprache: Ein Kuckucksei, das jemandem untergeschoben wird, hat eine ähnliche Bedeutung wie das ebenso bekannte Trojanische Pferd, und als Kuckuckskinder wird Nachwuchs bezeichnet, dessen Väter nicht die offiziellen sind. Eine Kuckucksmarke im Marketing-Sprachgebrauch ist eine Marke, die eine falsche Identität bzw. Herkunft vortäuscht, weil diese eine positive, verkaufsfördernde Anmutung hat. Kuckuck ist auch ein Synonym für Teufel geworden: ein Wort, das auszusprechen man sich offenbar scheute; so entstanden Sprichwörter wie: Dich soll der Kuckuck holen, Scher dich zum Kuckuck!, Weiß der Kuckuck!, Zum Kuckuck noch einmal! etc.
    Unseren Kuckuck bekommen zwar heute immer weniger Menschen zu Gesicht, sein Ruf ist aber allen vertraut und so unverwechselbar, daß er ohne Vorerfahrung (und auch ohne Kuckucksuhr) sofort als Kuckucksruf erkannt wird. Kinder, die zu Hause oder in der Kita noch Kinderlieder zu hören bekommen, kennen oft das Lied Kuckuck, Kuckuck ruft’s aus dem Wald, dessen Text von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798–1874) stammt, dem Dichter des Deutschlandliedes:

Kuckuck, Kuckuck ruft’s aus dem Wald.
Lasset uns singen, tanzen und springen.
Frühling, Frühling wird es nun bald.
  Kuckuck, Kuckuck läßt nicht sein Schrei’n:
Komm in die Felder, Wiesen und Wälder.
Frühling, Frühling, stelle Dich ein.
  Kuckuck, Kuckuck, trefflicher Held.
Was Du gesungen, ist Dir gelungen.
Winter, Winter räumet das Feld.

Literatur: Verweise:

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