Weberknechte · Opiliones
Die "Weberknechte" (Opiliones) sind, anders als gemeinhin angenommen, keine Spinnen: Sie gehören nicht zu den "Webspinnen" (Araneae), sondern bilden neben diesen, den Milben und Skorpionen und weiteren Gruppen eine eigene taxonomische Ordnung. Eine Verwechslung der "Schuster" bzw. "Kanker" mit Spinnen liegt durchaus nahe, wenn man den kompakten Körperbau und die dünnen und langen Beine bedenkt; bei genauem Hinsehen aber fallen deutliche Unterschiede auf:
- Der Körper ist nicht in einen Vorder- und Hinterleib (Prosoma und Opisthosoma) gegliedert, da diese zu einem kompakten Ei-förmigen Cephalothorax verwachsen sind.
- Auf einem Augenhügel vorne auf der Körperoberseite ist nur ein, nämlich mittiges Augenpaar zu finden (bei Spinnen drei oder vier Paare).
- Die dreigliedrigen Cheliceren mit den Chelae ('Scheren') entsprechen der Spinnen-Anatomie, das zweite Extremitätenpaar aber, die Pedipalpen ('Taster'), erinnert eher an Laufbeine.
- Die Laufbeine der meisten Arten sind dünn und sehr lang und vielfach gegliedert (die Tarsen des 2. = längsten Beinpaars in 50 oder mehr Teilen) und dadurch sehr biegsam.
- Die Männchen besitzen einen Penis, die Weibchen einen Ovipositor, die es bei keiner Spinne gibt.
- Weberknechte besitzen weder Spinndrüsen noch Giftdrüsen, dafür aber sackförmige Stinkdrüsen beidseitig am seitlichen Vorderrand.
Daß das Auge des Laien so genau nicht hinschaut, zeigt sich auch im Fehlen von Trivialnamen für die vielen Gattungen und Arten der Opiliones: Wörter wie Schneider, Schneidergeist, Schuster, Kanker, Opa Langbein oder Zimmermann bezeichnen meist die gesamte Ordnung der Weberknechte, seltener nur eine ihrer Familien, sie sind nur regional gebräuchlich und werden teilweise auch für Spinnen – vor allem Zitterspinnen (Pholcidae) – oder für Schnaken (etwa Nephrotoma oder Tipula spec.) verwendet. Im Englischen ist die Situation mit Wörtern wie harvestman, harvester oder daddy longlegs ähnlich.
Die Evolution der weltweit verbreiteten "Weberknechte" läßt sich anhand von Fossilfunden bis 400 Millionen Jahre zurückverfolgen. Ihre Artenzahl kann nur geschätzt werden, bekannt sind ca. 6.600 Spezies, es könnten aber über 10.000 sein. Unklar ist auch noch die Stellung vieler Familien und Gattungen zueinander: Basierend auf Untersuchungen der Genitalmerkmale verschiedener Arten wurde die Ordnung Opiliones in zwei, drei oder vier Unterordnungen unterteilt, denen verschiedene Familien zugeordnet wurden. Es wird wohl noch geraume Zeit dauern, bis das Genom so vieler Arten untersucht und verglichen werden konnte, daß die taxonomischen Hauptfragen geklärt sind. Die beiden folgenden Klassifikationsmodelle zeigen den Diskussionsstand:
Auszug aus der Klassifikation der Weberknechte (Chelicerata > Opiliones), Variante 1:
- Ordnung Opiliones Sundevall 1833 · "Weberknechte"
- Unterordnung Cyphopalpatores Martens (nach Martens et al.)
- Familie Sironidae Simon 1879
- Familie Travuniidae Absolon & Kratochvíl 1932
- Familie Cladonychiidae Hadži 1935
- Familie Nemastomatidae Simon 1872 · "Fadenkanker"
- Familie Dicranolasmatidae Simon 1879
- Familie Trogulidae Sundevall 1833 · "Brettkanker"
- Familie Ischyropsalididae Simon 1879 · "Schneckenkanker"
- Familie Phalangiidae Latreille 1802 · "Schneider"
- Familie Sclerosomatidae Simon 1879
- etc.
- Unterordnung Laniatores Thorell 1876
- Familie Assamiidae Sørensen 1884
- Familie Podoctidae Roewer 1912
Eine andere Klassifikation nimmt an, daß sich die Opiliones in ihrer Frühzeit in die Phalangida und die ursprünglichen Cyphophthalmi aufspalteten. Während sich letztere in die heutigen (eigentlichen) Cyphophthalmi und die später ausgestorbenen Tetrophthalmi diversifizierten, spalteten sich die Phalangida in die Laniatores und die Palpatores und letztere schließlich in die Dyspnoi und Eupnoi.
Auszug aus der Klassifikation der Weberknechte (Chelicerata > Opiliones), Variante 2:
- Ordnung Opiliones Sundevall 1833 · "Weberknechte"
- Unterordnung Cyphophthalmi Simon 1879
- Familie Sironidae Simon 1879
- Familie Ischyropsalididae Simon 1879 · "Schneckenkanker"
- Unterordnung Dyspnoi Hansen & Sørensen 1904
- Familie Dicranolasmatidae Simon 1879
- Familie Nemastomatidae Simon 1872 · "Fadenkanker"
- Familie Trogulidae Sundevall 1833 · "Brettkanker"
- Unterordnung Eupnoi Hansen & Sørensen 1904
- Familie Phalangiidae Latreille 1802 · "Schneider"
- Familie Sclerosomatidae Simon 1879
- Unterordnung Laniatores Thorell 1876
- Familie Assamiidae Sørensen 1884
- Familie Cladonychiidae Hadži 1935
- Familie Podoctidae Roewer 1912
- Familie Travuniidae Absolon & Kratochvíl 1932
Diese Auflistung der Weberknechte ist ebenso wie die der Webspinnen sehr unvollständig, sie konzentriert sich auf taxonomische Familien, die in Europa nachgewiesen wurden.
Die Berechtigung bzw. Zuordnung einiger Taxa (Unterordnungen, Familien, Gattungen) ist unter Fachleuten noch strittig bzw. "im Fluß"; für den Naturfreund und -schützer sind solche Probleme allerdings nur von Interesse, wenn sie die Artbestimmung behindern.
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