Insektenfresser · Eulipotyphla Waddell, Okada & Hasegawa 1999
Die sogenannten Insektenfresser bzw. Insektenesser (Eulipotyphla, früher Lipotyphla und Insectivora) sind eine taxonomische Ordnung kleiner Säuger mit Raubtiergebiß, wie es sie ganz ähnlich schon vor über 100 Millionen Jahren gab. In Mitteleuropa sind drei taxonomische Familien verbreitet: Igel, Maulwurf und die Spitzmausarten. So lassen sich die Insektenfresser charakterisieren:
- Der Begriff des Insektenfressers beschreibt nur den Schwerpunkt des Beutespektrums: Außer Insekten (Käfern, Heuschrecken etc.) und ihren Larven werden auch Spinnen, Asseln, Hundert- und Tausendfüßler sowie Schnecken und Würmer vertilgt, und selbst kleine Vögel und Säuger werden überwältigt. Aus menschlicher Sicht sind also Insektenfresser sehr nützliche Tiere und sollten schon deshalb geschützt werden.
- Systematik: Klasse: Mammalia > Unterklasse: Höhere Säugetiere (Eutheria) > Ordnung: Insektenfresser Eulipotyphla
Waddell, Okada & Hasegawa, 1999. Die Insektenfresser nehmen also denselben taxonomischen Status ein wie die Primaten (Primates), Nagetiere (Rodentia), Raubtiere (Carnivora), Fledertiere (Chiroptera) und anderer Ordnungen. Selbst zählen die Insektenfresser also nicht zu den Raubtieren. Viele Evolutionsbiologen sehen in ihnen aber die Urform aller Säugetiere, aus der sich erst später auch Pflanzenfresser entwickelten.
- Die Taxonomie der Insektenfresser ist von einem Mißverständnis belastet, diese Arten seien ein "altes", "primitives" Überbleibsel jener Säugetiere, die schon im Erdmittelalter (Mesozoikum) im Schatten der Dinosaurier existierten und aus denen sich später die modernen Säugetiergruppen entwickelten. Es gibt jedoch keine "alten" Tierarten, Tierfamilien etc., da alle Arten letztlich auf dieselben Vorfahren zurückgehen. Wenn rezente Insektenfresser Merkmale fossiler Säuger aufweisen, so spricht das eher für diese Tiergruppe als zeitloses Erfolgsmodell. Man könnte sogar von einer modernen Tiergruppe sprechen, die bereits vor Millionen Jahren einen Entwicklungsstand erreichte, der sich bis in unsere Tage bewährt hat.
- Die Anatomie der Insektenfressers weist einige Besonderheiten auf: Die Arten sind klein bis sehr klein, die meisten verfügen über einen ausgezeichneten Geruchssinn und ein gutes Gehör, Spitzmäuse sogar über Echoortung und Maulwürfe über die Fähigkeit, elektrische Felder wahrzunehmen, die von den Muskeln ihrer Beutetiere erzeugt werden.
- Das Verhalten der Insektenfresser ist ein eher heimliches, sie führen ein verborgenes, aber sehr aktives Leben: Unser mitteleuropäischer Igel geht nachts auf Beutezug, der Maulwurf lebt unterirdisch, und unsere Spitzmäuse jagen überwiegend nachts, aber auch tagsüber, sofern Deckung vorhanden ist. Ihr Hunger ist sprichwörtlich. Von Sozialverhalten kann kaum die Rede sein: Die meisten Insektenfresser sind Einzelgänger, die nur in der Paarungszeit zueinanderfinden.
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Igel (Erinaceus europaea): Nächtlicher Streifzug ... |
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... in gefährlicher Umgebung · Solingen, 31.7.2012 |
Systematik in der Klasse der Säugetiere (Mammalia):
- Ordnung Insektenfresser (Eulipotyphla)
- Familie Igel (Erinaceidae)
- Unterfamilie Rattenigel (Galericinae)
- Unterfamilie Stacheligel (Erinaceinae)
- Gattung Kleinohrigel (Erinaceus)
- Braunbrustigel (Erinaceus europaeus)
- Nördlicher Weißbrustigel (Erinaceus roumanicus)
- Südlicher Weißbrustigel (Erinaceus concolor)
- Chinesischer Igel (Erinaceus amurensis)
- Gattung Afrikanischer Igel (Atelerix)
- Gattung Steppenigel (Mesechinus)
- Gattung Langohrigel (Hemiechinus)
- Gattung Wüstenigel (Paraechinus)
- Familie Spitzmäuse (Soricidae)
- Familie Maulwürfe (Talpidae)
- Unterfamilie Spitzmaulwürfe (Uropsilus)
- Unterfamilie Altweltmaulwürfe (Talpinae)
- Gattung Eurasische Maulwürfe (Talpa)
- Aquitanien-Maulwurf (Talpa aquitania Nicolas, Martínez-Vargas & Hugot 2017)
- Blindmaulwurf (Talpa caeca Savi 1822)
- Europäischer Maulwurf (Talpa europaea Linnaeus 1758)
- Römischer Maulwurf (Talpa romana Thomas 1902)
- etc.
- Weitere Gattungen der Eigentlichen Maulwürfe (Talpini)
- Familie Schlitzrüssler (Solenodontidae)
Literatur:
- Bartenschlager, Eva Maria (1986): Die Tiersprechstunde. Alles über Igel in Natur und Haus. Falken-Verlag, Niedernhausen/Ts.
- Bestajovsky, Claudia (1975): Igel in Pension. 5. Auflage. Franckh'sche Verlagshandlung, Stuttgart.
- Fritsche, Helga (1980): Igel als Wintergäste. 2. Auflage. Gräfe unf Unzer, München.
- Hofmann, Helga (1992): Der Igel. Gräfe und Unzer, München.
- Lohmann, Michael (2001): Das praktische Igel-Buch. BLV, München.
- Müller, Jürg Paul & Lea Gredig [Illustration] (2021): Die Mäuse und ihre Verwandten ·
Das verborgene Leben der Insektenfresser und Nagetiere. Haupt Verlag, Bern.
- Niethammer, Jochen & Franz Krapp (Hrsg.) (1990): Handbuch der Säugetiere Europas. Band 3/I: Insektenfresser, Primaten (Erinaceidae, Talpidae, Soricidae, Cercopithecidae). Akademische Verlags-Gesellschaft, Wiesbaden.
- Poduschka, Walter et al. (1979): Das Igel Brevier für Tierärzte und interessierete Laien. Vertriebsgesellschaft für Landmaschinen, Ebikon-Luzern.
- Taucher, Anouk-Lisa & Madeleine Geiger (2021): Der Igel · Nachbar und Wildtier. Das Artporträt mit Ratgeber für den Igelschutz. Haupt Verlag, Bern
Verweise:
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