Die Verhaltensforschung (Ethologie) unterscheidet zwischen den vokal, d.h. durch Luftstrom bei der Atmung erzeugten Rufen und den mechanisch erzeugten Lauten; mechanische Lauterzeugung, wie sie z. B. im Vogelreich bei Spechten und im Insektenreich bei den Heuschrecken vorkommt, wird als Stridulation bezeichnet. Den Begriff des Gesangs bezieht die Ethologie im allgemeinen auf solche Lautäußerungen, die sich durch eine gewisse Zeitdauer und eine bestimmte Komplexität in ihrem Aufbau auszeichnen und sich dadurch von den einfachen, ein- bis wenigsilbigen Rufen und Lauten unterscheidet. Somit wird auch das "Musizieren" der Heuschrecken als "Gesang" bezeichnet.
Keine andere Insektengruppe läßt so viele verschiedene Gesänge erklingen wie die Heuschrecken, was mit den unterschiedlichen Methoden der Lauterzeugung zusammenhängt:
Einige Feldheuschrecken (Psophus stridulus, Bryodema tuberculata, Arcyptera fusca, Stauroderus scalaris) erzeugen ein schnarrendes oder (im Falle von Psophus) klapperndes Fluggeräusch. Auf den Hinterflügeln der im Fluge schnarrenden Arten ist jede zweite Längsader auffällig verstärkt; möglicherweise entsteht das Flüggeräusch durch das Schwingen der Flügelfedern zwischen diesen Längsadern.
Das Stridulieren der Heuschrecken kann ähnliche Funktionen ausüben wie die Gesänge der Vögel:
Nicht alle Arten jedoch singen gleichermaßen variantenreich, und die Weibchen singen entweder leiser oder seltener oder überhaupt nicht. Die meisten Langfühlerschrecken (Ensifera) lassen ein nur monotones Stridulieren hören, das meist mit zunehmender Temperatur schneller wird. Zu den wenigen Ausnahmen gehört die Feldgrille, deren Gesangstypen alle vier der oben angeführten Funktionen aufweisen.
Die vielen Menschen vertrauten kurzfühligen Grashüpfer (Caelifera · Acrididae · Gomphocerinae) weisen ähnlich differenzierte Gesänge auf; Kämpfe unter Männchen werden hier immer nur stridulierend ausgetragen. Die Balzgesänge bestehen jeweils aus einer festen mehrteiligen Reaktionskette, deren einzelne Glieder an bestimmte Verhaltensweisen des Männchens bzw. Weibchens gebunden sind: Zur gegenseitigen Stimulierung und schließlich Paarung kommt es nur, wenn diese Kette nicht unterbrochen wird.
Heuschrecken lassen sich anhand ihrer Gesänge gut unterscheiden. Dafür gibt es ähnlich wie für Vogelstimmen eine Tonbandkassette "Stimmen der heimischen Heuschrecken" von Heiko Bellmann (Literatur etc.); die Sonogramme in seinem Bestimmungsführer sind dem Fachmann ein weiteres wichtiges Hilfsmittel.
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