Rüttelnder Turmfalke
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      Turmfalke – Falco tinnunculus

Verletzter Turmfalke Kurzportrait
Artname: Falco tinnunculus Linnaeus, 1758 – Turmfalke, auch: "Rüttelfalke"
Systematik: Ordnung: Falconiformes (Falkenvögel) > Familie: Falconidae (Falkenartige) > Unterfamilie: Falconinae ("Eigentliche Falken") > Gattung: Falco (Falken) > Art: Falco tinnunculus (Turmfalke) > Unterarten: F. t. alexandri (südl. Kapverden), F. t. archeri (Somalia bis Kenia), F. t. canariensis (westl. Kanaren, Madeira), F. t. dacotiae (Kanaren), F. t. interstinctus (Japan bis Himalaya), F. t. neglectus (nördl. Kapverden), F. t. objurgatus (Indien, Sri Lanka), F. t. perpallidus (Sibirien bis Korea), F. t. rufescens (afrikan. Savannen bis Äthiopien), F. t. rupicolaeformis (Ägypten bis Arab. Halbinsel), Falco tinnunculus tinnunculus (Nominatform: gesamte Paläarktis bis Nordafrika).
Merkmale: Habitus: kleiner Falke mit rotbrauner Oberseite, langen Flügeln & langem Schwanz. Geschlechtsdimorphismus: M: GL: 34,5 cm, Gewicht: ca. 200 g; Schnabel graublau, Basis gelblich, Wachshaut & Augenring gelb, Iris dunkelbraun, Oberkopf grau, blaugrauer Bartstreif, Wangen hell; Rücken & obere Flügeldecken rotbraun, schwarz gefleckt, untere Flügeldecken, Kehle & Bauch cremefarben; Schwingen braunschwarz; Bürzel & Schwanz grau, quergebändert, Steuerfedern mit schwarzer Endbinde vor weißer Spitze; Füße gelb. W ähnlich M, aber: GL: ca. 35,7 cm, Gewicht: 260 g; dunkler Bartstreif weniger scharf abgesetzt, Oberkopf zimtbraun, Rücken rotbraun, Schwingen dunkler & stärker schwarz gefleckt, Schwanz braun, quergebändert; Unterseite dunkler & stärker gefleckt bzw. gebändert. Junge wie W, aber Unterseite stärker gestreift.
Verbreitung: Europäische Nominatform F. t. tinnunculus in Eurasien außer Teilen Vorderindiens und Hinterindien & Teilen Nordafrikas.
Lebensraum: Freiflächen mit niedriger bzw. lückenhafter höherer Vegetation, Kulturlandschaft, weniger verbreitet in Wäldern & im Hochgebirge; in Nordeuropa Langstreckenzieher, in Mittel- und Südeuropa Teilzieher, Strich- & Standvogel. Nistet in Felswänden, auf Bäumen & an Gebäuden.
Nahrung: Kleintiere, überwiegend am Boden: Mäuse, Spitzmäuse, Reptilien, selten kleine Vögel (auch Nestplünderung) & Fledermäuse, auch Insekten.
Lebensweise: Tagaktiv bis dämmerungsaktiv. Typisch ist der rüttelnde Spähflug mit schräger Körperachse. Gelegentlich Koloniebrüter; Kulturfolger.
Fortpflanzung: monogam, in Kolonien selten Bigynie; Nistorte: Halbhöhlen (Nischen ohne Nistmaterial) in Fels, in Mauerlücken, Fensternischen & Nistkästen & in Baumnestern anderer Vogelarten; Paarbildung: ab Februar, Eiablage: 2. Märzhälfte, Gelege: (3)4–6(7) (selten 1 oder 8/9) gelbweiße Eier, rötlich bis bräunlich gefleckt; meist brütet nur das W, das vom M gefüttert wird; Brutdauer: 27–32 Tage ab ca. vorletztem Ei, nach 2 Wochen zerlegen die Jungen selbständig die Beute, Nestlingszeit: ebenfalls 27–32 Tage, Betreuung: 4 Wochen; Nachgelege & Zweitbrut möglich; geschlechtsreif zum Ende des 1. Lebensjahres, maximale Lebenserwartung: ca. 16 Jahre.

Der kleine Turmfalke ist in den meisten Teilen Deutschlands und auch der Nachbarländer neben dem Mäusebussard der häufigste "Greifvogel" (im volkstümlichen Sinne) und vielen Menschen aufgrund seiner charakteristischen Jagdtechnik durchaus bekannt: Wenn er über freien Flächen nach Beute auf dem Boden Ausschau hält, "steht" er oft rüttelnd in der Luft, bevor er entweder auf seine Beute niederstößt oder mangels Erfolgsaussicht weiterfliegt. Dieser bekannte und typische Spähflug hat ihm seinen zweiten deutschen Namen "Rüttelfalke" eingebracht. Sein üblicher Name rührt daher, daß er als Kulturfolger seit langem schon (Kirch-)Türme als Brutplätze wählt, aber auch Lücken in Schornsteinen, Fensterbretter, Brücken, Masten etc.

Habitat: Anders als viele inzwischen seltene oder gar ausgestorbene Tierarten hat der Turmfalke von der Ausbreitung und Siedlungstätigkeit des Menschen profitiert: Nahm der Wald in der Jungsteinzeit noch 80–90% Mitteleuropas ein, so liegt sein Anteil heute bei nur 30%, und er war im Mittelalter schon niedriger! Durch den Ackerbau haben die möglichen Jagdhabitate des Turmfalken und seine Beute bis vor kurzem stark zugenommen, er jagt auf Wiesen, Grün- und Ödland, auf niedrig bewachsenen Äckern und Ackerrandstreifen, in Gärten, Parks und Friedhöfen.

Nahrung: Seine Hauptbeute ist die Feldmaus, die fast ganzjährig für ihn erreichbar ist; allerdings hat er keineswegs eine Vorliebe für dieses Nagetier: Gefangen und gefressen wird, was der Tisch der Natur zu bieten hat, mit anderen Worten; was ohne großen Energieaufwand zu jagen ist. Dieses Prinzip der "Arbeitsökonomie" führt dazu, daß gelegentlich auch Singvögel gejagt werden: Im Frühsommer sind es die unerfahrenen und ungeschickten Jungvögel, in schneereichen Wintern sind die Mäuse so gut versteckt, daß dem Turmfalken nur die schwierige Vogeljagd zum Überleben bleibt. In "Mäusewährung" umgerechnet benötigen Turmfalkenterzel im Sommer mindestens acht, die brütenden Weibchen mindestens sieben Mäuse täglich; im Winter sind jeweils ca. fünf Nager.

Nützlichkeit: Ebenso wie der Mäusebussard macht sich der Turmfalke in der Landwirtschaft "nützlich". In den heute vielerorts ausgeräumten "Agrarsteppen" hat er aber seine Probleme:

Der Turmfalke profitiert also wie der Mäusebussard von den "Julen", langen Pfählen mit einem Querholz, und künstlich geschaffenen Nistplätzen. Gerade das Argument der "Nützlichkeit" sollte aber der Naturschutz nicht zu sehr propagieren: Es geht in der Natur nicht um nützlich oder schädlich, und ebenso wie sein großer Jagdgefährte ist auch der Turmfalke nicht in der Lage, die unerwünschten Nager auszurotten: Er würde schon lange, bevor die letzte Feldmaus dem Pflug oder der Trockenheit zum Opfer fiele, selbst keine Beute mehr finden und verhungern. Falken und Greife können also lediglich eine zu starke Vermehrung begrenzen.
    Problematisch ist auch der "Einsatz" von Turmfalken gegen Stadttauben: Nur ein großes und kräftiges Weibchen wird sich an eine kleine Taube wagen, etwa eine Türkentaube, ansonsten haben Tauben von Turmfalken nichts zu befürchten. Tauben weichen ihnen allerdings in Nistplatznähe aus, so daß ein brütendes Falkenpaar durchaus ein Argument gegen die "Ratten der Lüfte" ist. Wer einen echten Taubenjäger ansiedeln will, muß die Bedingungen zur Ansiedlung des  Wanderfalken schaffen, was aber gar nicht so einfach ist.

Ansiedlung: Die Verbreitung des Turmfalken hängt, wie gesagt, entscheidend von Nistgelegenheiten ab. Am meisten aber nützen ihm in Städten und dem stadtnahen Umland heute Nistmöglichkeiten an Gebäuden, da es natürliche Nistplätze dort meist nicht mehr gibt. Der Turmfalke ist deshalb relativ leicht anzusiedeln: Ein halboffener Nistkasten aus Holz oder Holzbeton, in einer Höhe von min. 10 Metern angebracht, hat eine gute Chance, alsbald entdeckt und angenommen zu werden. Geeignet sind Größen von ca. 0,1 m³, also ein Würfel mit bis zu 0,5 m Kantenlänge oder z. B. 0,55 x 0,4 x 0,45 m. Ein Leben mit einem "Hausfalken" hat einen hohen Erlebniswert und bedeutet ein Stück Natur am eigenen Haus.

Nistkasten mit Anflugstange   Junger Turmfalke

Turmfalke: Flugübungen   Turmfalke im Flug
Junger Turmfalke bei Flugübungen im Nest ...   ... und im Flug · Düsseldorf, 14.6.2017

Turmfalken: Flugübungen
Praktizierter Artenschutz: Turmfalken (Falco tinnunculus) vor ihrem Nest in einer Scheune · Much, 2.8.2017

Turmfalken-Nistkasten
Turmfalken-Nistkasten auf einem begrüntem Dach · Nettetal, NABU-Naturschutzhof, 05.06.2017

Turmfalke, M
Turmfalke, Terzel (Falco tinnunculus ) im Rüttelflug · Solingen-Ohligs, 01.06.2021
Turmfalke, M

Turmfalke, M   Turmfalke im Flug
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Turmfalke, M   Turmfalke im Flug
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Turmfalke, M   Turmfalke im Flug
(Falco tinnunculus)  · Erneuter Abflug nach ...   ... Sichtung möglicher Beute · Solingen, 17.6.2021

Turmfalke, M
Turmfalke, Terzel (Falco tinnunculus ) im Anflug · Solingen, 17.06.2021

Turmfalke, M   Turmfalke im Flug
Der Turmfalke (Falco tinnunculus)  hat ...   ... seine Beute im Blick · Solingen, 17.6.2021

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