Freßfeinde der Wespen
Wespen vermitteln durch ihre schwarzgelbe Warnfärbung und ihre Wehrhaftigkeit den Eindruck, sie seien nur Jäger, aber keine Beute. Das ist keineswegs so zumal die vielen Wespenarten auch einander fressen:
- Säugetiere (Mammalia), vor allem Insektenfresser wie Mäuse, Spitzmäuse, Igel, und Dachse sowie andere fleischfressende Arten nutzen die proteinhaltige Wespenbrut; spezialisiert auf Wespen sind sie aber nicht, und außerhalb deren Nester haben sie kaum Gelegenheit, eines der Insekten zu erwischen.
- Vögel (Aves) stellen auch den erwachsenen Fluginsekten (Imagines) nach: Neuntöter (Lanius collurio) und vor allem Bienenfresser (Merops apiaster) und Wespenbussard (Pernis apivorus) habe sich auf Stechimmen spezialisiert; die Verteidigungswaffe der Wespen schalten sie aus, indem sie das Hinterleibsende mit dem Stechapparat vor dem Verschlucken des Insekts abtrennen.
Wirklich gefährden werden diese Vogelarten der Wespenfauna allerdings heute weniger als jemals zuvor, da sie durch jahrzehnte Umweltzerstörung und nicht zuletzt die Jagd in den Mittelmeerländern (Griechenland, Italien, Malta etc.) extrem gefährdet sind. Erfolgreicher sind da Meisen und Spechte, die die Wespenbrut aus Gallen, Pflanzenstengeln und morschem Holz holen und fressen.
- Spinnen haben mit Wespen ebenso leichtes Spiel wie mit Bienen und anderen Insekten, wenn sie mit einem Netz jagen, das sie vor dem Giftstachel schützt; nur aus kleinen und schwachen Netzen kann sich eine Wespe wieder problemlos befreien.
- Insekten gehören zu den wichtigsten Widersachern der Wespen:
- Libellen (Odonata) sind aufgrund ihrer Größe, Wendigkeit und Schnelligkeit erwartungsgemäß geeignete Wespenjäger, die zwar nicht stechen können, aber mit ihren kräftigen Kiefern problemlos auch mit Wespen fertig werden.
- Ohrwürmer (Dermaptera) sind eher harmlose Nahrungsdiebe (Cleptoparasiten), die nur am Larvenproviant der Wespen naschen.
- Fliegen (Diptera) mögen im Vergleich zu den stachelbewehrten Wespen einen harmlosen Eindruck machen, dennoch gehören sie zu ihren ärgsten Feinden:
- Raubfliegen (Asilidae) lauern von einem Ansitz aus und stürzen sich dann auf ihre vorbeifliegenden Opfer, packen es mit ihren kräftigen Beinen und saugen es mit ihrem Stechrüssel völlig aus.
- Dickkopffliegen (Conopidae) klammern sich auf erwachsenen Wespen und Bienen an und legen zwischen zwei Hinterleibssegmente ihr Ei; die Maden finden ihren Weg ins Innere des Wirts und fressen ihn dort auf. Conops quadrifasciata ahmt auf ihrem Hinterleib die schwarz-gelbe Wespenzeichnung nach.
- Die an sich harmlosen Woll- bzw. Hummelschweber (Bombyliidae) meiden den Kontakt zu ihren Wirten: Aus dem für sie typischen Schwirrflug heraus schleudern sie ihre Eier in die Nesteingänge in der Erde nistender Einsiedler-Wespen und -Bienen; ihre Larven fressen dann den eingetragenen Proviant wie die Brut selbst.
- Die Schmeißfliegen-Arten (Calliphoridae) der Gattung Miltogramma lauern Grabwespen-Weibchen in den deren Nesteingängen oder -tunneln auf, um auf dem Mittelsegment (Propodeum zwischen Thorax und Abdomen) ihre Eier abzulegen; diese werden ins Nest eingetragen, wo die geschlüpften Larven sich von den Nahrungsvorräten ernähren.
Andere, z. B. die Echten Fliegen (Muscidae), schädigen die Wespenbrut nur indirekt, indem sie ihr den Proviant stehlen (Cleptoparasitismus). Manche Schmeißfliegen (Calliphoridae: Metopia spec.) verfolgen bodennistende Wespen regelrecht und versuchen, ein Ei an der eingetragenen Beute anzuheften; die geschlüpfte Fliegenlarve ernährt sich dann vom Nahrungsvorrat.
- Käfer (Coleoptera) leben keineswegs nur von verrottendem Holz: Der Wespenkäfer (Metoecus paradoxus) aus der Familie der Fächerkäfer (Rhipiphoridae), ein Parasitoid, legt seine Eier in den Boden in der Nähe von Nestern der Gemeinen Wespe (Vespa vulgaris). Die geschlüpften Larven eines ersten (!) Stadiums (Triungulinus-Larven) warten auf vorbeikommende Wespenarbeiterinnen, heften sich mit saugnapfähnlichen Vorrichtungen an ihren Füßen (Tarsen) an sie, um ins Nest zu gelangen, und bohren sich in den Brutzellen in die Wespenlarven. Im Wirtskörper entsteht eine zweite Larvenform, die aus der Wespenlarve schlüpft und sie dann tötet. Nach der Verpuppung in einer Wespenzelle erscheinen die fertigen Käfer (Imagines) im Spätsommer wieder an der Oberfläche auf Pflanzen und Blüten.
Speckkäfer (Dermestidae: Megatominae) hingegen sind echte bzw. Cleptoparasiten, die sich zwar am Larvenproviant verköstigen, die Brut aber nicht töten.
- Fächerflügler (Strepsiptera) wurden früher den Käfern (Coleoptera) zugerechnet, in Europa kommen etwa 30 Arten vor. Ihre Larven entwickeln sich in Wespen, Bienen und Schnabelkerfen (Wanzen und Zikaden). Das ungewöhnliche Verhalten dieser Parasiten besteht darin, daß die Weibchen ihre Wirte nie verlassen und nur einen Teil des Hinterleibs zwischen dessen Abdominalsegmenten hervorragen lassen. Man bezeichnet solche Wirte dann als "stylopisiert". Die Männchen hingegen verlassen ihre Wirte und finden mit Hilfe ihres Geruchssinns und ihrer fächerartigen Hinterflügel die Hinterleibsenden ihrer Weibchen. Diese setzen Triungulinus-Larven (1. Stadium) frei, die von Blüten auf neue Wirte gelangen, die sie zwar nicht töten, aber in der Regel sterilisieren, so daß es so zu Verlusten für die Wirtsart kommen kann.
- Legeimmen (Terebrantes) können zwar nicht stechen, weil sie ihre Legeröhren nicht zu Wehrstacheln weiterentwickelt haben, für Wespen sind sie aber als tödliche Parasiten (bzw. Parasitoide) um so gefährlicher:
- Wespen fressen auch Wespen, und dies auf dreierlei Weisen:
- Eine große Wespe, nämlich eine Hornisse, kann eine kleinere, schwächere erbeuten und das Fleisch verzehren bzw. in die eigene Brutzelle transportieren und dort verfüttern.
- Eine parasitoide Wespe legt ihre Eier an die Larve einer anderen Wespenart, die alsbald geschlüpfte eigene Larve ernährt sich von der Wirtslarve, die irgendwann an ihren Verletzungen stirbt. Knapp ein Drittel aller Wespenarten pflanzen sich so fort.
- Eine sozialparasitische bzw. Kuckuckswespe dringt ins Nest einer verwandten sozialen Faltenwespe ein, tötet in der Regel die "rechtmäßige" Königin und läßt die eigenen Larven von den Arbeiterinnen der parasitierten Art versorgen, deren Volk zugrunde geht.
- Ameisen (Hymenoptera: Formicidae) sind traditionelle Wespenfeinde aus der Verwandtschaft: Ihre Arbeiterinnen und Soldaten können zwar nicht fliegen, durch ihre große Zahl und Aggressivitat sind sie aber für die Wespenbrut eine große Gefahr. Der dünne "Hals", an dem Wespen ihre Waben aufhängen, hat sich nicht zufällig entwickelt: er stellt in den Tropen eine relativ leicht zu verteidigende Engstelle da, an der die Wespen die feindlichen Scharen stellen und aufhalten können.
- Fadenwürmer (Nematoden: Mermithidae) befallen auch Wespen: Ihre Eier werden beim Trinken aufgenommen und gelangen beim Füttern in den Darm der Larven sozialer Faltenwespen, wo sie schmarotzen.
- Milben (Acarina) kommen auch auf der Körperoberfläche von Wespen vor, scheinen dort aber keinen Schaden anzurichten.
- Pilzbefall ist in feuchter Umgebung eine häufige Todesursache für die Wespenbrut.
Der Mensch ist eigentlich kein natürlicher Feind der Wespen, da diese weder geschätzte Nahrungsmittel noch sonstige Vorteile und eigentlich auch keine Nachteile bieten. Einige Arten z. B. Zikadenwespen (Dryinidae) werden heute sogar zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt.
Vernichtet werden sie aber dennoch in großen Mengen, vor allem durch den massenhaften Chemieeinsatz einer natur- und menschenfeindlichen Landwirtschaft und die Vernichtung und Nutzung natürlicher und naturnaher Lebensräume durch unsere Zivilisation für Wirtschaft, Verkehr und Freizeit. Außerdem fühlen sich manche Zivilisationsmenschen, die für die Natur kein Verständnis mehr haben, allein durch die Anwesenheit eines Wespenvolkes bedroht und glauben, den bösen Feind vernichten zu müssen.
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