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Spinnentiere (Arachnida) > Webspinnen (Araneae)

Die Wörter Spinnen und Spinnentiere sind keine Synonyme, sondern bezeichnen tatsächlich zwei unterschiedliche Begriffe innerhalb der taxonomische Klassifikation der "Gliederfüßer" (Arthropoda): Die "Spinnentiere" (Arachnida) sind eine Klasse der "Gliederfüßer", und diese enthält eine Reihe taxonomischer Ordnungen (siehe unten). Eine dieser Ordnungen sind die "Webspinnen" (Araneae) – für Laien die "Spinnen schlechthin". Auch die "Weberknechte" werden landläufig den "Spinnen" zugerechnet, stellen aber eine eigene Ordnung dar. Die Skorpione hingegen bringen viele Menschen gar nicht mit Spinnen in Verbindung, obwohl auch sie zu den Spinnentieren gehören.

Auszug aus der Klassifikation der Spinnentiere:

Anatomie

Spinnen unterscheiden sich deutlich von Insekten und anderen Sechsfüßern (Hexapoden); typische Körperteile sind:

Gartenkreuzspinne
Die Augen der Gartenkreuzspinne (Araneus diadematus) sind als schwarze Punkte erkennbar

Die Cheliceren bestehen jeweils aus (primär drei oder) zwei Gliedern: einem breiten Grundglied (siehe Portrait rechts) und einer beweglichen Klaue. Bei den Vogelspinnenartigen (Mygalomorphae) sind die Cheliceren nach vorne gerichtet, und die Klauen sind parallel zueinander nach unten eingeklappt; bei den Echten Webspinnen (Araneomorphae) hingegen sind die Cheliceren senkrecht angeordnet und zugleich nach innen gedreht, wodurch sie zangenartig nach innen gegeneinander bewegt werden.
    Die Pedipalpen sind neben bzw. hinter den Cheliceren das zweite Extremitätenpaar; ihm folgen die vier Laufbeinpaare. Die Vogelspinnen (Araneae > Mygalomorphae) und Walzenspinnen (Solifugae) nutzen die Pedipalpen tatsächlich noch zum Laufen, ansonsten wie alle Arachnidae – also auch die Webspinnen (Araneae) – zum Halten der Nahrung; dazu ist ihr Grundglied, die Coxa ('Hüfte'), oftmals verbreitert. Mit ihren Sinneszellen dienen die Pedipalpen in der Regel zudem dem Fühlen, Riechen und Schmecken, und männlichen Spinnen dienen sie mit ihrem Bulbus als Begattungsorgane ↓.

Die Spinndrüsen liegen in Inneren des Hinterleibs (Opisthosoma) und münden auf dessen Unterseite in Spinnwarzen hinten vor dem Analhügel. Deren Evolution (Phylogenese) läßt sich in der Embryonalentwicklung (Ontogenese) einer Spinne erkennen: Aus Extremitäten des Hinterleibs (Opisthosoma) entstehen in zwei Querreihen acht Spinnwarzen, von denen das vordere mittlere Paar sich auf zweierlei Weise entwickeln kann:

Das Körperwachstum aller Gliederfüßer (Arthropoden) ist durch das feste Exoskelett ('Außenskelett') bekanntlich nur eingeschränkt möglich: Das Prosoma und die Extremitäten stecken in einer harten Cuticula, einer von der äußersten Zellschicht (Epidermis) nach außen abgeschiedenen Hülle; nur das elastische Abdomen der Webspinnen kann sich ausdehnen. Spinnen können also nur durch Häutungen wachsen, deren bis zur Geschlechtsreife notwendige Anzahl von der Größe der Spinnen abhängt: Kleinere Arten benötigen nur fünf, größere bis zu zehn.

Männliche und weibliche Spinnen weisen meist einen deutlichen Sexualdimorphismus auf: Männchen sind meist kleiner, sie besitzen einen schlankeren Hinterleib und längere Beine. Da ihnen ein spezielles Begattungsorgan, also ein Penis, fehlt, übertragen sie ihre Spermien mittels zweier sekundärer Begattungsorgane, nämlich ihrer Pedipalpen: Deren verdicktes, löffelförmiges Endglied, der Bulbus, nimmt die Spermien in einem Fadennetz auf und wird sodann in die weibliche Geschlechtsöffnung eingeführt. Das Weibchen übernimmt die Spermien und speichert sie zunächst in seiner Samentasche (Receptacula seminis), um seine Eier später während der Eiablage zu besamen.

Ernährung, Beutearten

Spinnen ernähren sich bekanntlich fast ausschließlich karnivor, also von erbeuteten (selten entdeckten toten) Tieren, insbesondere Insekten, die sie aussaugen. Dazu injiziert die Spinne der Beute mit ihren Cheliceren ein Gift, welches das Tier tötet, und einen enzymhaltigen Verdauungssaft, welcher sein Inneres auflöst; die Verdauung findet also nicht in der Spinne statt, sondern in ihrem Beutetier. Diese Art des Beutefangs macht Spinnen zu bedeutenden Jägern kleiner Gliederfüßer (Arthropoden), insbesondere Sechsfüßer (Hexapoda): Die Klassen der Insekten (Insecta) und Springschwänze (Collembola) machen mehr als 90% ihrer Beute aus. Der Einsatz von Gift ermöglicht – erst recht zusammen mit Fangnetzen – aber rund um den Globus etlichen Spinnenarten, auch Angehörige anderer Tierklassen zu erbeuten und sogar pflanzliche Nahrung zu nutzen. Die Größe der Beute spielt dabei eine untergeordnete Rolle:

Die Bedeutung der Spinnen in unserem Ökosystem ergibt sich aus ihrer Artenzahl (weltweit über 45.000) und je nach Habitattyp hohen Individuendichte pro Quadratmeter. Zwei Arachnologen, Martin Nyffeler und Klaus Birkhofer, schätzten 2017 in ihrer Metastudie "An estimated 400–800 million tons of prey are annually killed by the global spider community" Spinnen-Literatur, daß das Frischgewicht aller jährlich von Spinnen erbeuteten Tiere weltweit zwischen 400 und 800 Millionen Tonnen liegt. Über 95% der globalen Spinnenbeute fällt in Wäldern und Gras-Biotopen an, die Spinnenarten anderer Habitate haben einen nur unwesentlichen Anteil daran. Spinnengemeinschaften auf Flächen mit einjährigen Ernten tragen sogar weniger als 2% zum weltweiten jährlichen Beutefang bei; das läßt sich jedoch zum Teil dadurch erklären, daß einjährige Getreidefelder keine natürlichen, sondern "gestörte" Lebensräume sind, in denen sich Spinnen nur wenig vermehren und nur kurze Zeit im Jahr Beute machen können.

Araneus quadratus + Apis
Vierfleck-Kreuzspinne (Araneus quadratus) mit Beute, einer Honigbiene (Apis) · Solingen, 13.08.2015

Beutefang & Mobilität

Verschiedene Fangmethoden sind bekannt: Viele Spinnenarten bauen Netze oder andere Strukturen, in denen sich die Beute verfängt oder an denen sie haftenbleibt; viele Webspinnen sind daher ortsgebunden. Andere, mobilere Arten lauern ihrer Beute geduldig auf, wieder andere leben ausgesprochen vagrant, sie streifen umher und jagen Beutetiere im schnellen Lauf.

Die Mobilität selbst der Webspinnen, die große, stationäre Netze bauen, sollte allerdings nicht unterschätzt werden: Jungtiere, die sich zunächst gemeinsam im Nest entwickelt haben, erklimmen in der Vegetation eine erhöhte Position, strecken ihre Hinterleiber in die Höhe und produzieren einen langen Faden. Der Wind erfaßt diesen "Flugfaden" und transportiert und verteilt die Spinnen in der Umgebung. Der nachvollziehbare unmittelbare Zweck dieser Ausbreitungsmethode ist wohl in der Vermeidung zu großer Populationsdichten, folglich zu großen Konkurrenzdrucks zu sehen.
    Baldachinspinnen (Familie Linyphiidae) nutzen den Fadenflug allerdings auch als erwachsene Tiere, besonders im Spätsommer, dem "Altweibersommer". Die Spinnen können dabei mehrere Kilometer Höhe und mehrere Hundert Kilometer entfernte Ziele erreichen. Das weiber in Altweibersommer geht übrigens auf weben zurück.


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